Fartlek nach Lust und Laune

Liebe Läuflinge, jüngst beschrieb ich unter dem Titel Fahrtspiel-Spielereien meine Ideen, wie sich die Folge der geplanten Tempostrecken abwechslungsreich gestalten lässt. Abwechslungsreich und unsystematisch, wenn man es genau nimmt. Ausprobiert habe ich es aber noch nicht. Soviel zum Thema „Ideen haben und gleich in den Träningsalltag übernehmen“. Dafür habe ich in der Zwischenzeit die „andere“ Variante des Fartlek angewandt: einfach nach Lust und Laune mit dem Tempo herumgespielt.
Nach Herzenslust und bester Laune trifft es besser.

Doch ich greife vor. Letzten Samstag waren wir eingeladen, und wie es an einem müden Dezembersamstag, kurz vor Weihnachten, so üblich ist, giert der Körper nach Ruhe. Ruhe, einem guten Buch, im Idealfall zusätzlich zwanzig bis dreißig Stunden Schlaf. Pro Tag! Den nachmittag genossen, bis der Blick auf die Uhr irgendwann einen schwindenen Zeitraum erkennen lässt: Um halb acht müssen wir los. Rückgerechnet ziehe ich ab: 5 Minuten Hinweg, 10 Minuten Duschen und anziehen, 5 Minuten Cool-Down. Bis zehn nach sieben heißt es also zuhause sein. Aktuelle Uhrzeit: Genau sechs.
Sehr schön, Tempoträning stand eh‘ auf dem Plan, vorangehendes Bellen (Träning mit den Kettlebells) fällt aus, meine Schultern teilen mir höflich, aber unmissverständlich mit, dass sie Ruhe benötigen. Montag früh, besser noch Montag abend sei ein guter Zeitpunkt für den nächsten Belastungsreiz. Das sagen jedenfalls die Schultern, wobei die Rückenmuskulatur ihnen zustimmt.

Wunderbar, also nichts wie rein in die Laufklamotten. Fast vier Wochen ist es – Erkältung sei „Dank“ – her, seit ich zuletzt lief (von einem Stündchen in der Vorwoche abgesehen). Jegliche Form von Gewaltanwendung verbietet sich daher, schön brav sein und immer auf den Körper hören ist das Gebot der Stunde. Trotzdem, oder gerade deshalb, habe ich Lust auf Tempo. Mal wieder die Sau rauslassen!
Mit anderen Worten: Fahrtspiel, Variante B. Oder A. Oder 2. Oder wie man sie auch immer nennen will.
Die ersten paar Minuten joggte ich mich in lockerstem Tempo warm, vergaß dabei nicht, von Zeit zu Zeit einige Hopserlaufsprünge einzustreuen. Ohne Plan, einfach so, weil und wie ich Lust hatte. Manchmal ferste ich gar an. Das liest sich irritierend: „ich ferste an“. Grammatikalisch passt es aber, vom Substantiv Anfersen abgeleitet ferst der Läufling eben an.

Doch ich schweife ab, wenngleich es von den anschließenden 40 Minuten wenig zu berichten gibt. Ich lief einige hundert Meter schnell, dann mit leicht reduziertem Tempo, bevor ich wieder beschleunigte, um anschließend in einen gemächlichen Trab zu fallen. Wenn ich zurückdenke, wie lange ich brauchte, um zwei sich zügig fortbewegende Wandersleut‘ einzuholen: sehr gemächlich.
Und wieder Gas geben, schnelllllllllllllllllllllllllllllllll!

Dabei hatte ich nie das Gefühl, in irgendeiner Form unter Druck zu stehen. Wie auch, wenn ich das Tempo lustbetont bestimme. Zuhause angekommen, merkte ich das zwischendrin gelaufene Tempo allerdings schon. Ja, ich hatte mich angestrengt, genau wie gedacht.

Lustbetontes Fahrtspiel? Einfach geil!

Fahrtspiel-Spielereien

Pi
Fahrtspiel-Rhythmus nach Pi

Tempoträning, liebe Läuflinge, ist bekanntlich anstrengend und bisweilen öde. Öde jedenfalls dann, wenn Intervalle gelaufen werden. Womöglich gar solche Sachen wie „sechs mal Tausend Meter auf der Bahn“. Sehr wirkungsvoll, aber langweilig. Wie schön, dass in den 1930er Jahren ein Schwede namens Gösta Holmér eine weit kurzweiligere Methode erdachte: das Fahrtspiel, auf schwedisch Fartlek.

Das Fahrtspiel gilt als äußerst effektive Methode des Tempotränings, dessen Grundidee in der Variation der gelaufenen Geschwindigkeit liegt. Der Läufling spielt mit dem Tempo.
Träningsratgeber nennen meist zwei Varianten des Fartlek: einerseits das völlig freie Spiel mit dem Tempo, bei dem nach Lust und Laune schneller oder langsamer gelaufen wird. Zum anderen gibt es eine strukturiertere Form als Abwandlung des Pyramidentränings. wikipedia nennt als Beispiel 2-4-7-5-3-1, dazwischen je 1–2 Min locker traben.

Beide Varianten gefallen mir gut, alleine keimte in mir der Wunsch, mir eine wenig strukturierte Struktur vorzunehmen. Bitte den letzten Halbsatz nochmal lesen.
Ich meine damit, dass ich es witziger finde, wenn ich mir eine wilder gemischte Folge von schnell und langsam zu laufenden Abschnitten vornehme. Denke ich mir selbst was aus, schleicht sich vielleicht eine Art Pyramide durch die Hintertür ein, ohne dass ich es merke.

Was also tun? Ich will mir eine Folge von zu laufender Strecke vorgeben, ohne sie mir auszudenken. Nach kurzer Grübelei fiel es mir wie Schuppen vom Fisch. Ich brauche nichts ausdenken, wozu gibt es schließlich die Mathematik, die so trefflich wilde Zahlenfolgen liefert!
Für den Anfang zog ich d Pi, und die Eulersche Zahl heran (Komma interessiert mich hier nicht), jeweils die ersten 8 Stellen.
Pi: 3,1415926
Euler: 2,7182818

Nach kurzem Nachdenken habe ich beschlossen, die einzelnen Ziffern als Minuten anzusehen, und den zu laufenden Rhythmus daran auszurichten.
In der Pi-Variante laufe ich daher 3-1-4-1-5-9-2-6 Minuten schnell, dazwischen mit zwei bis vier Minuten Trabpause. In der Summe macht das 31 Minuten Tempo. Die kürzeren Abschnitte laufe ich natürlich zügiger als die längeren. Euler liefert mir sogar 37 Minuten, so vollkommen unstrukturiert ist der Wechsel von ziemlich kurzen, und ziemlich langen Teilstrecken allerdings nicht. Insofern ist mir Pi sympathischer.
Timer der Uhr auf eine Minute gestellt, und los geht’s. Nur mitzählen muss ich die Minuten, weil die Uhr leider nur das klassische Intervallträning kennt.

Was bringt’s? Vom Träningseffekt her sicher genauso viel oder weniger wie jedes andere Fahrtspiel. Es macht Spaß, wenn ich mich beim Fahrtspiel an den beiden Zahlen orientiere! Was ist heute dran? Pi oder laufe ich nach Euler?