Im vergangenen Jahr nannte ich einen Lauf „rodgau“, wenn es kalt, rutschig und überhaupt schwer zu laufen ist. So wie normalerweise in Rodgau. 2014 war Rodgau nicht rodgau, für das Leiden hatte ich selbst Sorge getragen.
Weder Schnee, noch Wind und schon gar kein Schnee oder Eis ließen die hartgesottenen Wiederholungstäter (gibt es die Teilnahme eigentlich im Abonnement? Die meisten kommen sowieso jedes Jahr) fassunglos am Start stehen. Kühle, aber nicht zu kalte fünnef Grade über Null kamen zumindest meinem Temperaturempfinden höchst gelegen, und die Strecke zeichnete sich durch ordentlichen Griff aus. Wie gesagt, wer typisch Rodgauer Verhältnisse erwartet hatte, wurde enttäuscht.
Als nostalgisches Feigenblatt wirkte immerhin ein kurzer Abschnitt der 5 km – Runde, der seine griffige Blöße mit einer dünnen Schlammschicht bedeckte. Eine nette Geste des guten Willens, wie ich finde.
Ansonsten zeigte sich der 50 km Lauf sehr typisch: dem RLT Rodgau gelingt es, eine Super-Veranstaltung für mittlerweile weit über 800 Teilnehmer auf die Beine zu stellen. Wie immer mit dabei war Gabi Gründling von laufticker.de, die im wohlbeheizten Moderationsmobil für jeden den Zielbereich durchquerenden Läufer einen netten Gruß über die Lautsprecher schickte. Angesichts der Teilnehmerzahl, von denen die meisten die vollen zehn Runden durchgelaufen sind, finde ich es beachtlich, dass Gabi danach noch genug Stimme für ein Pläuschchen hatte.
Gelegenheit zum sozialen Austausch gibt es in Rodgau immer. Nicht nur nach dem Lauf an der Kuchentheke, sondern – besser gesagt: vor allem – währenddessen. Du erkennst jemanden wieder, den du vor etlichen Jahren mal bei irgendeinem Lauf kennenlerntest.
Seither sieht man sich jedes Jahr in Rodgau.
Beim Ultraläuflingskongress.
Andere Interessengruppen treffen sich alljährlich in Davos, wir in Rodgau.
Dem Wiedererkennen schließt sich üblicherweise ein nettes Gespräch an, bis die verschiedenen Tempi den Abstand größer werden lassen. Bis zum nächsten Jahr. Zum nächsten Lauf. Oder an der Kuchentheke. Oder per Email.
So überschaubar die Ultragemeinde ohnehin ist, Rodgau macht die Kontaktpflege einfacher, irgendwie ist der Zeitpunkt im Januar gut gewählt, so zwischen Winterpause und Weihnachtsrestspeck.
Winterpause, ein schönes Stichwort. Im Vorjahr war mein Projekt Phönixim vollen Gange, 2014 eher weniger. Ewige Zeiten (gefühlt seit September) herumgeschnieft, wollte sich bei mir kein regelmäßiges Träning einstellen. Die Woche vorher spielte ich mal wieder das Spielchen „Hatschi & Hust“. Nicht gescheit krank, aber eben auch nicht richtig gesund.
Ich haderte.
Grübelte.
Soll ich? Soll ich nicht?
Zuletzt war ich beim OMM länger als drei Stunden auf den Beinen gewesen, das war Ende Oktober. Donnerstag, zwei Tage vor Rodgau, gab ich Spike (Spike stelle ich euch in einem anderen Artikel vor, soviel Spannung muss sein ) eine klare Instruktion und beschloss, an den Start zu gehen.
Was soll schon passieren?
Ich habe kaum trainiert.
Kann mich überhaupt nicht einschätzen.
Ich werde leiden.
Was soll’s, ich will ja bloß ankommen. Nicht umsonst heißt es: „wenn nichts geht, 50 km gehen immer“. Damit es nicht allzu einfach werden möge, den Wahrheitsgehalt des Spruches zu überprüfen, hatte sich mein Verdauungssystem etwas Besonderes einfallen lassen. Details erspare ich euch, nur soviel: unschönes Reißen in Leibesmitte begleitete mich die meiste Zeit, und ich fand es überaus erfreulich, dass ein Großteil der Strecke im Wald lag. Zweimal, folgte ich dem Gesetz des Waldes: Wo ein Wille ist, ist auch ein Gebüsch. Das fand ziemlich am Anfang statt, ab der vierten Runde konnte ich schön laufen.
Immer hübsch langsam, locker.
Lächeln. Die gute Laune wurde mit jedem Schritt besser.
Runde um Runde genoss ich es, endlich wieder eine längere Strecke unterwegs zu sein! Herrlich, so ein Tag an der frischen Luft! Irgendwann am Nachmittag war ich dann im Ziel. Die Zeit? Keine Ahnung, die war mir von Beginn an egal. Ich schätze zwischen 5:15 und 5:20.
Passt schon.
Ich hatte einen geilen Tag!