50 km Rodgau

Der 50 km Lauf des RLT Rodgau Ende Jaunuar ist so etwas wie das inoffizielle Jahrestreffen der Ultraszene. Für die einen ein langer Träningslauf, während andere, in der Nachsaison fleißiger träniert habend, schon den Saisonbeginn feiern.
Damit man auf fünfzig Kilometer kommt, muss die 5 km lange Runde nach Adam Riese zehn mal umrundet werden. Klingt langweilig? Im Grunde schon, wäre da nicht der Zeitpunkt, zu dem die Veranstaltung stattfindet. Ende Januar, das liegt bekanntlich mitten im Winter.

Und das bedeutet wiederum: In Rodgau ist es kalt und rutschig. Ich gehe einen Schritt weiter, indem ich behaupte: ein Läufling war nur dann in Rodgau, wenn er fror und rutschte.
Meistens ist noch Wind. Wer die Strecke kennt, weiss, was ich meine: auf der freien Fläche pustet es dann kräftig. Nicht dieses Jahr allerdings.
Dafür boten gut drei der fünf Kilometer eine geschlossene Schneedecke, die je nach Abschnitt fröhliche Abwechslung bot: mal festgetrampelt auf Eis, dann wieder etwas weicher, damit die Füße Löcher strampeln konnten. Wer Lust hatte, konnte die Bedeutung des Wortes Propriozeption (Eigenwahrnehmung) am eigenen Leib erfahren. Mal ein wenig rutschen, dann wieder freudig in eine Unebenheit. Für Beine und Gleichgewichtssinn gab es einiges zu tun!

Soviel, dass ich mich zu einem Adjektiv inspiriert sah: einen Lauf, bei dem es kalt, und die Strecke rutschig ist, nenne ich fortan “rodgau”. Rodgau war dieses Jahr sehr rodgau.
Was wiederum gut ist. Wäre Rodgau weniger rodgau, weil man den Lauf zum Beispiel im Mai veranstaltet, dann, ja dann würden wir von einem popeligen Fuffziger auf einer stinklangweiligen Fünfkilometerrunde reden. Da kommt doch keiner. Ultras wollen leiden. Je rodgau ein Lauf ist, desto besser.

Und Rodgau ist meistens rodgau, deshalb ist der Rodgauer Fünfziger ein fest etablierter Anziehungspunkt für Ultras, dessen Attraktivität sich in steigenden Teilnehmerzahlen zeigt.
Es erstaunt mich immer wieder, wie gut es dem RLT gelungen ist, damit Schritt zu halten. Mittlerweile starten über achthundert Läuflinge, die von den freundlichen Helfern bestens betreut werden. Sie waren eifrig damit beschäftigt, die sehr schwere Strecke mit viel Einsatz (Split streuen, Eis hacken) für die Läuflinge wenigstens einigermaßen laufbar zu machen. “Es” war stärker als sie, der Weg wurde im Laufe des Tages eher noch rutschiger.

Parkplätze sind übrigens knapp – kein Problem, die freundlichen Einweiser geben Tipps, wo sich das Auto in der näheren Umgebung legal abstellen lässt. Es wäre schließlich zu dumm, nach fuffzich Kilometern in der Kälte zu einem längst abgeschleppten Auto zu laufen.

Laufen, genau. Von der “Infrastruktur” zu Start und Ziel liegt ein runder Kilometer, der per Pedes zurückgelegt werden will. Die meisten legen sich warme Klamotten bereit (dafür steht etwas Grillhütten-Ähnliches im XXL-Format zur Verfügung). Umziehen gestaltet sich dank steifer Beine (vom Laufen) und Finger (von der Kälte), nun, sagen wir: interessant. So mancher Läufling erwarb seine Daunenjacke einzig zu dem Zweck, den Weg “zurück” in leidlichem Komfort zurückzulegen. Ich phantasierte in meiner letzten Runde davon, mein Chauffeur (den ich nicht habe) stünde mit dem vorgeheizten Rolls-Royce (den ich auch nicht habe) direkt nach der Ziellinie bereit, um mich gepflegt nach Hause zu chauffieren. Ist schließlich sein Job als Chauffeur. Schon die Berufsbezeichung “Chauffeur”, die sich vom Französischen “Heizer” (frz. chaud = heiss) herleitet, schickt warme Schauder über meinen Rücken.
Mangels Rolls und Chauffeur griff ich notgedrungen auf meine warme Kleidung zurück. Selbst das: ein Labsal!

Vor den Siegerzeiten in 3:08 (Männer) bzw. 4:04 Stunden (Frauen) kann ich nur ehrfürchtig erstarren. Ich selbst lief 5:05:26, womit ich aus meiner bescheidenen Sicht mehr als zufrieden bin, hatte ich mich im Winter doch mehr auf Athletik konzentriert.

Wie ich schon sagte: Du warst nur in Rodgau, wenn es kalt und rutschig, also rodgau, war. 2013 war Rodgau sehr rodgau. Hurra, ich war in Rodgau!