Keen kennt man – zumindest ich – in erster Linie von Trekkingsandalen. Aber: Keen stellt auch Wanderschuhe her – der Marshall ist ein solcher mit wasserdichter, atmungsaktiver Membran. Wie schlägt er sich an des Läuflings Fuß?
Beschreibung
Keen Marshall
Der Marshall von Keen ist ein Halbschuh, der für Wandern und Geländelaufen konzipiert ist. Die Membran namens KEEN.DRY verspricht atmungsaktiv und wasserdicht zugleich zu sein.
Material: Obermaterial aus Kunstfasergewebe mit atmungsaktiver Membran. Sohlenaufbau Gummi außen, PU-Zwischensohle, herausnehmbare Innensohle.
Gewicht: 434 g (Größe 44, gewogen)
Farbe: grau / orange
Test
Erster Eindruck
Ich hatte mich für Größe 44 entschieden – gut eineinhalb Größen mehr als ich von der Länge her brauche. Beim Auspacken konnte ich einen Freudenschrei nur schwer unterdrücken: sollte KEEN zu jenen Herstellern gehören, die ein Herz für breite Füße haben? Flugs flog ein Fuß in den Schuh: sie haben! Es passt nicht nur in der Länge, sondern auch in der Breite! Dergestalt positiv voreingenommen machte ich mich an einen ersten Spaziergang, von dem nichts Sensationelles zu berichten ist. Das bedeutet: sehr bequemer Schuh, sitzt gut, ich kann mir vorstellen, ihn über längere Zeit zu tragen.
Was das Thema Membran betrifft, bin ich mittlerweile recht skeptisch, gerade bei Schuhen. Wasser, das über den Rand in den Schuh hineinläuft, braucht unverhältnismäßig lange, um wieder nach draußen zu gelangen: der Fuß bleibt nass. Außerdem sind meine Füße schnell warm, so dass mir jedes Quäntchen Luft willkommen ist.
Andererseits weiss ich es zu schätzen, wenn ich trockenen Fußes durch flache Pfützen, oder über eine feuchte Wiese laufen kann. Gerade bei letzterem konnte ich den Marshall intensiv auf den Zahn fühlen. Die Wasserprobe, sozusagen.
Laufen
Bedingungen: ca. 20 °C, Sonne, Asphalt, Waldwege
Drunter: Icebreaker Merinosocken
Als ich mit den Marshall an den Füßen loslief, tat ich dies aus zwei Beweggründen: ich wollte herausfinden, wie sich die Fortbewegungsart „mit Flugphase“ in den doch vergleichsweise Schuhen anfühlt, und natürlich ging es mir bei den hohen Temperaturen um Erkenntnisgewinn auf mikroklimatischer Ebene vulgo: schwitzen die Haxen?
Alldieweil die Marshall konzeptionell bei den Wanderschuhen angesiedelt sind, hatte ich kaum mit leichtfüßigem Rennen gerechnet, trotzdem „geht“ auch Laufen. Abrollen klappt – und dieser Platz in der Zehenbox!
Was das Fußklima betrifft, würde ich beim Laufen die Obergrenze deutlich unter den 20 Grad ziehen, bei denen ich unterwegs war. Wie gesagt, meine Füße brauchen eher Kühlung als Heizung.
Gehen / Wandern / Alltag
Bedingungen: verschieden (auch drinnen getragen), Asphalt, nasse Wiese, Feldweg, Trails
Drunter: Verschiedene Socken
Was sie wirklich draufhaben, konnten die Keen vergangenen Oktober anlässlich des OMM in Wales zeigen. Gelaufen bin ich nicht in ihnen, trug sie allerdings während der Anreise und, vor allem, im Camp, welches witterungsbedingt größtenteils aus aufgeweichter Wiese bestand. Um es kurz zu umreißen: wir waren das einzige Team, welches ohne Gummistiefel herumlief.
Regen, teils arg heftig, matschige Wiese, 10° Celsius: Perfekte Bedingungen, um Wanderschuhe zu testen.
Ich konstatiere hocherfreut, dass meine Füße warm und trocken blieben.
Nicht nur der Vollständigkeit halber habe ich die Schuhe danach ab und an auf kleineren Wanderungen getragen. Nachdem sie bereits gezeigt hatten, bei welchem Wetter ihre Stärken (aber auch Grenzen) liegen, wollte ich die restlichen Punkte auf meiner inoffiziellen Checkliste abhaken.
Wie steht’s um die Griffigkeit der Sohle?
Auf Steinen (jetzt frage bloß keiner, welche Gesteinsart, ich habe keine Ahnung. Was auch immer im Pfälzer Wald anzutreffen ist) gab es ebenso wenig Grund zur Klage, wie auf Waldboden. Die sprichwörtliche nasse Wiese hatten wir schon, auch dort war alles bestens, wobei sich sämtliche Versuche oberhalb des Gefrierpunkts abspielten.
Und der Halt im Schuh daselbst? Schützten Schuhe die Füße?
Zuweilen hält die Sohle bombenfest im Untergrund, in den sie sich förmlich hineinkrallt – nur der Fuß rutscht im Schuh umher. Dazu spürt man jedes Steinchen durch die Sohle.
Letzteres habe ich kaum erwartet, Keen sorgte mit der Sohlenkonstruktion dafür, dass Prinzessinnen über Erbsenplantagen wandern können, ohne den zarten Füßlein Gewalt anzutun.
Zumindest meine Füße behielten ihren angestammten Platz im Schuh ohne große Rutscherei. Das Band, welches seitlich am Fuß von der Schnürung zur Sohle geht, mag hierzu einen Beitrag leisten.
Übrigens: auch bei fester Schnürung fühlen sich die Füße nicht eingeschnürt an.
Fazit
Als ich den Artikel schrieb, drängte sich ein Begriff in den Vordergrund, der die Keen Marshall für mich gut bezeichnet: der Landrover unter den Schuhen. Klar, sie sind als Wanderschuhe gedacht, eignen sich mit Abstrichen aber auch für eine Vielzahl anderer Aktivitäten.
Ich stelle sie mir zum Beispiel als Universalschuh vor, wenn ich mal mit wenig Gepäck reisen möchte: als Reiseschuh, für den Stadtbummel, eine Wanderung – und für den verlockenden Trailrun zwischendurch.