Nochmal Hoka – ein ganz neuer Aspekt

Da schreibe ich einen Erfahrungsbericht über meine Hokas, um nicht viel später eine völlig neue, herausragende Eigenschaft an ihnen zu entdecken. „Herausragend“ dürft ihr gerne wörtlich nehmen.
Es geht wieder um die dicken Sohlen, allerdings unter einem Blickwinkel, den ich bisher nicht eingenommen hatte. Dafür musste ich erst den UTMB in Angriff nehmen, bei welchem es bekanntlich recht feucht zuging.
Regen, Regen, Regen und folglich nasse Strecke.

Die dicken Sohlen brachten meine Füße vielleicht zwei Zentimeter nach oben. Nicht viel, aber genug, um dort trockenen Fußes hindurchzulaufen, wo Schlamm und Wasser bei flacheren Schuhen hineinlaufen konnte. Bei Booten nennt sich das dann „Freibord“: so hoch darf das Wasser schwappen, ohne ins Boot zu laufen.
Diesen Komfortgewinn hatte ich leider nicht immer (manchmal stand mir der Matsch eben doch zu hoch), aber oft genug, um ihn zu bemerken. Jetzt beginne ich mich zu fragen, ob dieses Attribut ein Kriterium für den nächsten Schuhkauf werden muss. Wahrscheinlich nicht.

Dennoch stelle ich fasziniert fest, dass manche Dinge Vorteile bieten, an die wahrscheinlich nicht einmal der Hersteller gedacht hat.

Hoka One One Mafate 2

Erinnert sich jemand an Moonboots? Die waren damals, in den Jahren nach der ersten Mondlandung heftig angesagt. Auch wenn das seinerzeig noch „modern“ hieß. Als ich das erste Mal Schuhe von Hoka One One sah, fühlte ich mich spontan an Moon Boots erinnert. Eigenartig. Warum eigentlich nicht Plateauschuhe? Vermutlich, weil ich als Kind keine trug. Im Gegensatz zu Moonboots. Die Dinger sehen schon witzig aus, wenn man sie nicht am Fuß hat, angezogen wirken sie etwas klobig, was mich umso neugieriger machte, wie es sich denn darin liefe. Ach ja: der Hersteller heißt Hoka One One, wurde von zwei laufbegeisterten Franzosen gegründet, die ihre Produkte nach einem Wort der Maorisprache benannten. „Hoka“ bedeutet, sinngemäß übersetzt, „Zeit, zu fliegen“.


Beschreibung
Hoka One One Mafate 2
Gewicht: 330 g (gewogen)
Hoka One One sieht den Mafate 2 als Trailschuh. Dementsprechend verfügt er über eine gut profilierte Sohle. Das grundlegende Konzept von Hoka One One stützt sich auf zwei wesentliche Merkmale: einerseits eine vorn stark nach oben gebogene Sohle – ähnlich MBT-Schuhen, nur mit dem Unterschied, dass der Rest der Sohle flach ist. Sie soll das Abrollen erleichtern. Zudem setzt Hoka One One auf viel, auf sehr viel Dämpfung. Satte zweienhalb Mal das Volumen einer herkömmlichen Sohle habe man verbaut, sagt der Hersteller. Man denkt, wenn schon nicht ans Fliegen, so doch immerhin an das Laufen auf einer Wolke. Somit bilden diese Schuhe gewissermaßen die Antithese zur Philosophie jenes Teils der Natural Running Bewegung, die auf Dämpfung weitgehend verzichtet.
Damit die entsprechend größere „Flughöhe“ dem Läufling nicht ein Gefühl der Instabilität gibt, ist die Sohle recht breit.
Auch wenn es nicht so aussieht: die Mafate haben kaum Sprengung!
Erfreulicherweise sind die Teile nicht annähernd so schwer wie sie aussehen. Mit 330g liegen sie in der gleichen Gewichtsklasse wie meine Salomon Speedcross.

Test
Anziehen und Passform: Die Mafate sind für meine breiten Füße in Ordnung; das „andere“ Trailmodell, genannt Stinson, ist vorne deutlich schmaler geschnitten. Der erste Eindruck ist, nach einigen Minuten des Herumziehens und Justierens an den Schnürsenkeln, sehr gut. Ich hätte gerne einen Klemmverschluss gehabt, den gibt’s aber nur bei den Stinson. Egal, Tankas lassen sich nachrüsten.

Als ich die Mafate kaufte, hatte ich eine Reihe von Gedanken, von Fragen im Kopf. Vor allem Dingen erhoffe ich mir durch die dicken Sohlen, dass wunden Fußsohlen, die ich auf langen Ultras gerne mal entwickle, ausbleiben. Die endgültige Antwort hierauf wird mir der UTMB geben, beim Test- und Träningslauf über steinige Trails spürte ich deutlich, dass ich fast nichts spürte. Sowas kann man nicht beschreiben, man muss es ausprobieren. Oder nehmt ein dickes Stück festen Schaumstoff, einen kleinen, spitzen Stein drunter und steigt drauf. Der Druck ist zwar da, wird aber auf eine größere Fläche verteilt, und die Spitze ist nicht fühlbar.
Und wie schaut es mit der Stabilität aus? Kein Unterschied zu anderen Schuhen mit dünnerer Sohle. Dadurch, dass die Sohle einerseits recht breit ist, andererseits die Ferse schalenartig umschließt, ist von einem unsicheren, kippeligen Gefühl nichts zu spüren. Jedenfalls gilt das für das Kippen um die Längsachse. Weil die Sohle vorne hochgezogen ist, hatte ich anfangs das Gefühl, ich würde nach vorne umkippen. Tue ich ja auch, denn die natürliche Abrollbewegung wird durch diese Form unterstützt. Nach einiger Zeit hatte ich mich daran gewöhnt.

Was mich allerdings am meisten erstaunte, ist der unwahrscheinliche Grip, den das Profil aufbaut. Meine Teststrecke führte mich einen Mountainbiketrail hinab, und selbst auf den steilsten Abschnitten kam ich nicht ins Rutschen. Sicher, es war trocken. Dennoch war ich beeindruckt.

Fazit
Viel Dämpfung, dicke und breite Sohle, die vorne stark abgerundet ist. So lässt sich das Konzept von Hoka One One in wenigen Worten beschreiben, das hielt, was es verspricht. Ich würde die Hokas sicher nicht für einen schnellen Zehner auf Asphalt verwenden, auch nicht bei einem Marathon. Gerade Ultras dürften aber für jede Schonung ihrer Füße dankbar sein.
Eigentlich der perfekte Schuh für die Prinzessin auf der Erbse – und Ultraläufer.

Kombigeräte

Die Versuchung war groß. Sehr groß. Ich stand vor einem höchst attraktiven Laufleibchen, welches nicht nur bodygemapped war, sondern dazu noch an Schultern und Oberkörper eine wind- und wasserabweisende Hülle hatte. Also exakt dort, wo ich sie mir wünsche! Vorne konnte man zwei Eckchen aufklappen, um Lüftungsöffnungen freizugeben. Damit die Stoffteile dort bleiben, wo sie nicht stören, hatte man eine Befestigung nicht mit Klettverschluss, sondern per Magnet vorgesehen. Eine wahrhaft ingenieuse Lösung! Den kurzen Reißverschluss muss ich wohl nicht extra erwähnen, wohl aber die in Rückenmitte verlaufende Lüftungsöffnung. Und dieses herrliche Traumleibchen, dieses Wunderwerk der textil gewordenen Kreativität bot man zu einem beinah lächerlich günstigen Preis feil! Ich habe es nicht gekauft.

Ich besitze auch weder Laufsocken mit integrierten Gamaschen, noch Windstopper T-Shirts oder Vergleichbares. Und das, obgleich mich für diese Dinge begeistern kann. Es würde mir gefallen, wenn ich bei etwas Wind nur ein Kleidungsstück aus dem Fundus greifen müsste; ein Kleidungsstück, welches mehrere Schichten des Zwiebelschalenprinzips in sich vereint. Mein einziger Besitz, der so einigermaßen in diese Richtung geht, ist ein per Schnurzug zum Beanie zusammenziehbarer Fleeceschlauch, der an Stirn und Ohren einen Windschutz aufweist.

Aber, werden viele Läuflinge nun fragen, wenn er das so toll findet: weshalb kauft er’s dann nicht?
Nun, eigentlich ist es ganz einfach. Beziehungsweise nicht.
Nehmen wir ein T-Shirt als Beispiel. Beinah jeder Wettkampf beschert dem aktiven Läufling ein weiteres, hochwertiges Funktionsshirt. Dazu gibt die in Schichten organisierte Garderobe noch Langärmelige Leibchen verschiedenster Dicke her, sowas sammelt sich im Lauf (sic!) der Jahre einfach an. Obendrüber, je nach Witterung, Windweste, Regenjacke undsoweiter.
Angenommen, ich lege mir ein Windstoppershirt zu. Und wäre entzückt! Nach einigen Einsätzen nimmt es dann ein Aroma an, welches einen Waschgang nahelegt. Also griffe ich zu einem der anderen Shirts, das ich wetterbedingt mit einer mich vor dem Wind schützenden Weste ergänzen müsste.

Was mache ich eigentlich, wenn es mir mit dem Windschutz mangels Wind zu warm wird? Die Weste kann ich ausziehen, der Windschutz bleibt dran, da kann ich leiden, wie ich will. Davon abgesehen ist der Wind- und Wetterschutz umso wirkungsvoller, je weiter außen er in der Zwiebelschale angeordnet ist. Eine sturmfeste Basisschicht bedeutet, dass obendrüber ein, zwei Schichten liegen können, durch die es fröhlich hindurchpfeift. Ich will nicht leugnen, dass ich ein brustgepanzertes T-Shirt wahrscheinlich bei einer Witterung noch solo tragen würde, die mich ansonsten zur zweiten Lage greifen lassen könnte, dass ein Kombiprodukt, stabiles Wetter vorausgesetzt, wahrscheinlich einige Gramm Gewicht einsparen könnte.
Unterm Strich ziehe ich die größere Flexibilität des Zwiebelschalenprinzips vor, bei ich die Schichten bei Bedarf getrennt von einander einsetzen kann. Aktuell, das bedeutet: zum Zeitpunkt, zu dem ich dies hier verfasse, scheint mir die Kombination aus Zwiebel mit Bodymapping als „besonders wertvoll“.

Letzten Endes sind Verbundklamotten Spezialwerkzeuge mit einem eingeschränkten Einsatzfeld, in dem sie ein wenig besser funktionieren als gemeinsam getragene Schichten. Spezialfälle sozusagen. Vielleicht bin ich zu geizig, noch mehr spezialisierte Klamotten zu kaufen.

Vogel fliegt. Nase läuft.

Laufen. Genau das ist es, was meine Nase seit zwei Tagen tut. Es ist ja nicht so, dass ich nicht letzte Woche erst drei Tage auf der Nase lag, nein: seit gestern schon wieder. Die Nase läuft, ich nicht. Es scheint, als hätten meine Beine die Aufgaben mit der Nase vertauscht. Die Nase läuft, und die Beine…? Keine Ahnung, was die treiben, ich bin mit der Konstellation jedenfalls nicht einverstanden!
Mithin befinde ich mich in einer Situation, die dem geneigten Läufling sattsam bekannt sein dürfte: nicht ganz krank – also nicht so, dass man sich siech ins Bett legt, froh, überhaupt noch irgendwas von der Welt mitzukriegen, aber eben auch nicht gesund. Ich begebe mich daher jeden Tag brav ins Büro, schneide Ingwerscheibchen von einer Knolle herunter, um hernach an ihnen herumzulutschen. Kamillentee soll ebenfalls helfen. Weil ich nicht richtig krank bin, verzichte ich darauf, meinen Ernährungsplan mit Pillen zu ergänzen. Bis auf Sinupret, falls die Nebenhöhlen zucken. Ich habe ja nur Schnupfen.
Nur Schnupfen! Ich laufe nicht, mache keine Gymnastik! Kein Seilhüpfen, keine Kettlebell, kein Rumpftraining, nichts!
Ich bin unzufrieden.

Dazu kommt natürlich der Gedanke an den nächsten Wettkampf in viereinhalb Wochen. Ich weiss schon: „jetzt reisst du eh‘ nichts mehr raus“. „was du jetzt nicht drauf hast….“. Solche Sprüche kommen mir zuweilen vor wie eine willkommene Ausrede: hurra, wenn ich bestenfalls tapern kann, mach‘ ich mir lieber einen Lenz und träniere gar nicht. Ganz so einfach ist es, wenn ich mich an die verschiedenen Träningsratgeber erinnere, auch wieder nicht. Davon abgesehen: dem Kopf hilft’s, wenn ab und an noch ein Träningsreiz gesetzt wird. Meinem Kopf zumindest.
Ich will, verdammt, wenigstens das Gefühl haben, dass sich etwas tut, dass ich etwas tue. Altbekannte Gedanken…
Was kann ich also tun, wenn ich etwas tun will, aber nicht tun kann, was ich tun möchte? (wer den Satz auf Anhieb verstanden hat, mag ihn mir bitte erklären…)

Ich befriedige meinen Träningstrieb zum Beispiel mit Fußgelenksgymnastik. Ja, ich habe oben geschrieben, dass ich keine Gymnastik mache. Damit meine ich richtige, echte Gymnastik. Mit dem ganzen Körper! Fußgelenksgymnastik, also zum Beispiel auf einem Bein stehend mit dem anderen Fuß die Buchstaben des Alphabets in die Luft zeichnen. Oder einfach nur kreisen. Oder Igelball. Das erfreut und beruhigt mich, denn ich arbeite effektiv an wenigstens einem kleinen Teil meines Körpers. Ich träniere jene Inhalte, die sonst gerne zu kurz kommen.
Zudem, und weil ich ohnedies gerne lese, ziehe ich anstelle der Träningseinheit eines der sportspezifischen Drittbücher heran. Keinerlei Reiz für den Körper, dafür mehr Wissen darüber, wie ich besser träniere, wenn ich wieder träniere.
Und das Tolle daran: meine Laune bessert sich!

Besagte Stimmungsaufhellung hilft wiederum meinem Immunsystem, die Aufgaben zwischen Nase und Beinen wieder so zu verteilen, wie die Natur es vorgesehen hat. Job Rotation gib’s bei mir nicht: Nase tut, was Nasen eben so tun – und die Beine…..Laufen!

Kaufen wie Gott in Frankreich

Andere Länder, andere…Sortimente. Es ist erstaunlich, wie stark das Angebot vom gewohnten differiert, wenn man nichts weiter tut, als einen Fluss zu überqueren. Konkret handelte es sich um den Rhein, den ich gen Frankreich überschritt. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: ich nutzte eine Brücke, die Kehl mit Straßburg verbindet.
Der Ausflug nach Straßburg bot mir die Gelegenheit, das Angenehme mit dem Erfreulichen zu verknüpfen. Konkreter Anlass war mein Bemühen um Schuhe der Marke Hoka One One, welche, in völliger Ignoranz des Trends gen minimaler Dämpfung mit satten zweieinhalb Zentimetern Sohle aufwarten. Eine kurze Recherche lieferte drei Geschäfte in Straßburg, eines davon gehört zur Kette „Au Vieux Campeur“ – zum alten Camper. Was sich wie die traditionelle Dorfkneipe liest – zum alten Wirt, zum alten Hirsch, zum alten Sack – entpuppt sich als der wahr gewordene feuchte Traum eines Trailrunners.
Mit leuchtenden Augen stand ich vor einem mit Trailschuhen prall gefüllten Regal von welchem aus Marken wie Salomon, Lafuma, Montrail, Tchnica, Dynafit und andere um meine käuferische Gunst buhlten. Allein, ich hatte mich bereits für Hoka One One entschieden (deshalb war ich ja gekommen).
Schuhmäßig gab es noch so einiges zu sehen, lag besagtes Regal doch neben dem Wanderschuh, Trekkingsandalen und sonstigen Fußbekleidungsbereich. Hübsches Zeug, angesichts des Preises meiner neuen Laufschuhe unterdrückte ich den aufkeimenden „habenwill“-Reflex mit einem gleichermaßen reaktionsschnellen wir treffsicheren „brauchichabernet…jedenfallsnetunbedingt…abervielleichtspäter….ichkommebestimmtbaldwieder…dannaber….“. Ich wandte mich geistesgegenwärtig ab, bevor mein Reflex vollends erodieren konnte.
Der anschließende Rundgang zeigte eine hübsche Abteilung für Berg-, Wander- und eben Trailrunning, wobei es mich nicht wunderte, dass RaidLight gut vertreten war. Was mich ganz besonders erfreute: an Merinowäsche, zur Zeit heftig en Vogue, findet sich nicht nur Icebreaker im Regal, sondern zusätzlich Smartwool, und sogar Woolpower.

Wer also Lust auf Marken aus dem Mutterland des Trailrunnings (jetzt lehne ich mich aber weit aus dem Fenster, eiwei….) hat, dem kann ich nur empfehlen, dem alten Camper einen Besuch abzustatten. Wo? http://www.auvieuxcampeur.fr. Hier gibt es eine Liste der Geschäfte. Webshop haben sie natürlich auch. Meine Güte, ich mache Werbung und krieg‘ nichtmal was dafür. Egal.

Ihr seht, es lohnt sich, ab und an Grenzen zu überschreiten. Schließlich ist das unsere läuferische Spezialität!