Wieder da…

Es war, damit tue ich das Offensichtliche kund, in den letzten Jahren sehr ruhig hier. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Mensch hinter diesem Blog weg gewesen ist, ich habe mich nur anderweitig beschäftigt, und deshalb die Tipperei bewusst bleiben lassen. Dies wirft zwei Fragen auf, die ich in diesem Artikel beantworten will: Was in aller Welt hat der Kerl die ganze Zeit getrieben? Und was hat er jetzt vor? Denn wenn er wieder schreibt, könnte man beinahe vermuten, er wollte sich künftig öfter schriftlich ausdrücken, oder? Ja, das könnte man. Ja, will er.

Ei, wo war er denn?

Wenn ich es recht bedenke, haben mich dreieinhalb Aktivitäten – oder sind es teilweise gar Passivitäten? – vom Schreiben abgehalten. Passivitäten trifft es besser, denn wenigstens die beiden ersten der beschriebenen Punkte verknüpfe ich mit dem Wort Lethargie, womit ich eine Beobachtung meine, die in meinem erweiterten Bekanntenkreis gar nicht wenige ebenfalls von sich berichten. Ach! Psychologe müsste man sein, das dürfte seit 2020 echt Spaß machen! Lethargie alleine genügt aber nicht, denn der dritte Aspekt beflügelte mich gar sehr! Außerdem will ich beileibe nicht den Eindruck erwecken, äußere Einflüsse, die sich meinem Einfluss entziehen, hätten mich in die Versenkung gescheucht. Gehen wir sie (die *-täten) der Reihe nach durch, wobei ich mit Reihe keine chronologische Abfolge meine, es bleibt mir halt nichts anderes übrig, als eines nach dem anderen zu behandeln.

Job

Ich würde ja gerne die Story vom viel beschäftigten Menschen erzählen, der neben seiner Fünfundachtzigstundenwoche für nichts, aber auch gar nichts anderes mehr Raum hat. Findet diese Woche doch aushäusig statt, weshalb zur reinen Arbeitszeit noch die Reisetätigkeit hinzukommt. Gereist wird am Wochenende. Also in der Nacht vom Freitag auf Samstag gen Heimat, Sonntag Nachmittag sind wir schon wieder unterwegs. Dazwischen heißt es Wäsche waschen. Wer die Stunden grob nachrechnet, wird dennoch etwas als Ergebnis erhalten, was andere Menschen unter Freizeit verstehen. Doch weit gefehlt: In ihr bereiten wir natürlich unsere Meetings vor, schreiben Fachartikel und betreiben sozialmediales Networking zum Behufe des Selfbranding.

Selten so gelacht.

Nein, wer mich kennt, weiß, dass ich einen derartigen Job nicht ergreifen würde. Ich arbeite gerne – sprich: ich mag meine Arbeit, bin jedoch kein Workaholic. Zudem habe ich andere Interessen, andere Gebiete, auf denen ich ebenfalls wachsen will. Die Sache mit dem Job ist eine andere, nämlich ein anderer Job, der mich seit Oktober des letzten Jahres erfreut. So ein Wechsel hat naturgemäß eine Vorgeschichte, die ihren Keim in Unzufriedenheit mit der (alten) Stellung hat, was sich dann über eine Zeit hinzieht, in der zunächst die beiden ersten Punkte der Auswahl love it, change it or leave it im Vordergrund stehen. Die Loverei war bereits vorbei, sonst hätte ich nicht vor mich hin gegrummelt und gegrübelt, was mich dann über eine geschätzte eineinhalb Jahre in Phase Zwei einige Veränderungen anstoßen ließ, deren mangelnder Erfolg schlussendlich dazu führten, dass ich mich des Mottos „andere Mütter haben auch schöne Töchter“ erinnerte und die Augen offenhielt. Letztlich war ich es, den man vor einem Jahr ansprach, und ich bin mit der Entscheidung hochzufrieden.

Natürlich hält einen so etwas alleine nicht vom Schreiben, auch – oder gerade? – nicht vom Sport ab, ist jedoch Teil der Gemengelage.

Corona

Nope, ich habe kein Long Covid. Meins war vor zwei Jahren mehr ein Quickie – ich hatte schon Erkältungen gehabt, bei denen es mir weit dreckiger ging. Allerdings sind im Zuge des, sagen wir, gesellschaftlichen Phänomens namens Corona einige soziale und sportliche Termine weggefallen – das geliebte Training im Gewichtheberverein zum Beispiel und ein Stammtisch, der sich letzten Endes auflöste. Interessanterweise hat sich mein Bekanntenkreis – wie soll ich es nennen? – umsortiert. Will sagen, dass sich einige wenige als Schwurbelsympathisanten entpuppten, andere wiederum als mit beiden Beinen auf dem Boden von Ratio und Wissenschaftlichkeit stehend. Bei der ersten Gruppe, die, wenn ich mich recht erinnere, aus höchstens zwei Leuten besteht (ich glaube gar, es war nur ein Leut, was für mich auf einen von vorne herein guten Freundeskreis spricht), ist die für mein Wohlbefinden nötige Distanz hergestellt, während es bei vielen anderen zu größerer Nähe kam. Kurz: Bei mir wirkte sich Covid aus wie bei den meisten Menschen. Rückblickend scheint mir diese Zeit aber wie ein ausgedehnter Winterschlaf, dessen Aufwachphase im Gange ist. Sportlich betrachtet bin ich jetzt beim strukturierten Aufbautraining, nach wie vor Kraft (für’s Gewichtheben, und auch mit Kettle- und anderen Bells) und Ausdauer – dazu liefert mein Hirn mir nostalgische Sehnsuchtsvorstellungen von Ultratrails. Das wird noch ein weiter Weg (hey, Wortspiel bemerkt?), auf den ich mich sehr freue!

Hätte ich nicht schon letztes Jahr mit dem Aufbautraining anfangen können, vielmehr: mit dem systematischen Training? Dieses Herumspielen, auch als Erhaltungstraining bekannt, habe ich ja immer betrieben. Ja, hätte ich. Habe ich aber nicht, ich habe auch davor mehr herumgespielt, denn mein Ziel war ein anderes, nämlich:

Studium

Auf dieses hatte ich mich fokussiert, hatte ein klares Ziel, welches darin bestand, nach einer Klausur, die ich zwei Tage vor dem ersten Lockdown geschrieben und sogar mit einskommanull bestanden hatte, konsequent auf meinen Master hin zu arbeiten. Seit dem 10. Oktober ’23 darf ich mich nun offiziell Philosoph nennen. Vollkommen sportfremd war die Chose übrigens nicht, denn erstens hilft, wie Legionen von Motivationstränern und Lebenshilfegurus schon lange wissen, sportlicher Biss durchaus auch bei anderen Vorhaben (habe ich nicht schon einen Artikel in dieser Richtung verfasst? Habe ich Bock, nochmal darauf einzugehen? Mal drüber nachdenken.). Außerdem habe ich mich für ein sportphilosophisches Thema entschieden.

Wer es genau wissen will, meine Masterarbeit trägt den Titel Performative Handlungen und Mensch-Ding Relationen. Ich war und bin nicht zufrieden mit ihr, eine Einschätzung, die mein Betreuer teilt. Aber bestanden ist bestanden, und das Gebiet – hierzu weiter unten mehr – fasziniert mich, begeistert mich, bietet mir eine geistige Heimat, auf der ich noch viel lesen, lernen, forschen, (mich) weiterentwickeln kann!

Jetzt bin ich also Philosoph. Und seitdem gibt es diese Stimme in meinem Kopf, die mir sagt, dass ich überhaupt keine Ahnung davon habe. Immerhin bin ich damit nicht alleine, mein Professor meinte, ihm sei es damals genauso gegangen. Mittlerweile habe er sich an diese Stimme gewöhnt.

Und, vor allem, beziehungsweise in Summe

Ich finde es ziemlich witzlos, irgendwo in den Dingen, die mir bewusst sind, den Ursprung einer Kausalitätsbeziehung zu suchen. Es war halt die Luft und die Lust raus, und da bin ich lieber konsequent und schreibe nichts, wenn ich nichts zu sagen habe (den Artikel habe ich geschrieben, da bin ich mir sicher!).

Und was hat er vor?

Sport

Muss ich mehr sagen? Habe ich nicht oben genug gesagt? Nein? Doch? Doch! Ich durfte jüngst etwas steigern, indem ich von einer ganz leichten Kettlebell bei bestimmten Übungen auf eine mittlere umstieg. Spezifischer brauch‘ ich da gar nicht werden, mir geht es auch nicht um Rekordgewichte oder besonders schnelle, sondern um stabile Progression. Mit stabil meine ich das Fundament, welches ich anteste, um auf ihm aufzubauen. Eine Steigerung ist dann wiederum eine wunderbare Sache für den Kopf, der sich über den Erfolg freut, was ihn wiederum zu weiteren Herausforderungen anspornt. Wer sich an den High Performance Cycle erinnert, hat gut aufgepasst. Entweder hier bei mir, oder anderswo. Nach meiner Erfahrung mit mir selbst funktionieren beim Wiedereinstieg ins systematische Training, bei dem es eben doch um Steigerung geht, submaximale Belastungen zu Beginn, die ich zunächst relativ bescheiden steigere, als Motivatoren sehr gut. Anders formuliert, teste ich mich und bleibe deutlich unter meinen Möglichkeiten, wenn auch nicht so, dass meine Schultern (und andere Körperteile) abschätzig mit den Schultern zucken. Schwer wird’s früh genug, weil die Progression dann gerne mal überproportional ausfallen kann.

Das bringt mich zum Thema Programming und Trainingslehre, in das ich tiefer eindringen möchte. Einige der Bücher in meinem Bücherschrank kann ich da nochmals und eingehender durcharbeiten, auch wenn’s nur einen geringen Bezug hat zur Philosophie.

Philosophie

Ganz grob hat das, was mich so begeistert, Berührungspunkte zu Gebieten wie Handlungstheorie, Technikphilosophie und Phänomenologie (Ihde und Verbeek, zwei Philosophen, die zu Mensch-Ding Relationen geforscht haben, sprechen auch von Postphänomenologie). Eigentlich geht es (mir) darum, dass wir Menschen sportliche Leistungen kaum ohne Dinge vollbringen; besser gesagt, sind viele davon ohne Dinge unmöglich. Insofern behaupte ich, dass zum Beispiel ein Erfolg beim Radfahren, beim Segeln, Autorennen oder Speerwerfen nie von einem Menschen erbracht wird, sondern immer von einem Hybridwesen aus Mensch und Ding. Wer mag, kann sich das Bild des Diskobolos http://www.hellenica.de/Griechenland/Kunst/Diskobolos.html vor Augen führen. Nimmt man dem den Diskus weg, erhält man einen Typen, der in komischer Pose da steht. Denkt man das zuende, erhält man Ergebnisse, welche die Regularien vieler Sportarten seltsam willkürlich erscheinen lassen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Nunja, und global gesprochen sagt mir die Masterurkunde, dass ich jetzt Philosoph bin. Künftig werde ich mich also damit beschäftigen, einer zu werden.

Buch

Ich arbeite an einem Buch über die Geschichte der Autoklimatisierung. Ihr habt richtig gelesen. Das Buch wird in einem philosophischen Teil zunächst auf die Begriffsgeschichte von Komfort, aber auch Heizung und Klimatisierung eingehen, bevor ich die Frage untersuche, wie sich die Intentionalität1 durch das Sitzen im Auto verändert. Um Insasse zu sein, und so die Kontrolle über das Klima des Innenraums zu haben, muss es ja überhaupt einen Raum geben, in dem wir sitzen. Und der wiederum macht das, was jenseits von Scheiben, Türen und Dach liegt, zum Draußen. Wer ein Auto mit Klimaautomatik fährt, wird verstehen, warum die Frage nach der Autonomie von Technik ebenso einen Platz findet wie die Überlegung, ob sich denn beim Öffnen eines Cabriodaches, philosophisch gesehen, mehr ändert als nur der andere Wind, der um die Nase weht. Der zweite Teil deckt die rein technische Entwicklung ab, da gab es schon sehr früh sehr interessante Einrichtungen. Wie gefällt euch beispielsweise eine elektrisch beheizte Fußstütze aus der Zeit des ersten Weltkriegs? Keine Sorge, damit werde ich euch auch hier noch ab und zu auf den Wecker fallen.

Wie kam ich darauf, dieses Buch zu schreiben? Irgendwann, es muss so um 2010 gewesen sein, fragte ich mich an einem kalten Wintertag, wie man denn ein Elektroauto beheizt. Nahe liegender Gedanke: So wie früher eben auch, als es noch keine Systeme gab, die die Abwärme des Motors nutzen. Eine kurze Recherche nach einem käuflich zu erwerbenden Buch ergab: Nichts. Mittlerweile gibt es immerhin eines, und das ist nicht besonders gut. Also schreib‘ ich halt selbst, zumal die Philosophie wunderbar dazu passt. Wenn ich schon Inschenör und Filosof in einer Person bin….

Schreiben

Wie ich so tippte, merkte ich den Spaß, den ich dabei habe. Thematisch werde ich nicht ausschließlich beim Sport bleiben, was ich eh nicht stringent getan habe. Es wird philosophische Einsprengsel geben, vielleicht etwas Technik, nochmal Sport, aber mit dem Kram gewürzt, der mich (siehe oben) beschäftigt. Ich denke außerdem, ich sollte ein wenig aufräumen. Hie und da fehlen Bilder, und ob mir der orange Hintergrund noch gefällt, muss ich mir wirklich überlegen…

Stay tuned.

  1. Mit Intentionalität ist das „Gerichtetsein des Bewusstseins“ gemeint. Bewusstsein ist immer Bewusstsein von etwas, und wenn wir im geschlossenen Auto nach draußen, auf die Welt, schauen, ist das etwas anderes als wenn wir dies ohne Karosserie um uns herum tun. ↩︎

4 Gedanken zu „Wieder da…“

  1. Hättest Du geschwiegen, wärst Du kein Philosoph geworden.

    Reimt sich nicht, ist ganz und gar prosaisch; indes ist die Poesie in jder guten Prosa „betwen“ the lines…

    Respekt, Herr Mit-Philosoph.

    Einer, der Hagen auch gemastert hat und dann (Benchmark für Dich) 12 Jahre in Koblenz additiv promoviert hat.

    Und der denmnoch „Philosophiearbeiter“ blieb und die Weisheit mit ganz kleinem Dosierlöffel goutierte und goutiert!

    1. Danke dir und willkommen auf meinem Blog! 🙂
      Über die Sache mit der additiven Promotion unterhalten wir uns bei Gelegenheit mal, das interessiert mich. Promotion ist für mich ein klares Ziel, der additive Weg bislang nur als Stichwort untergekommen.

      Philosophiearbeiter, das gefällt mir!

      Ich goutiere auch, jedes noch so kleine Löffelchen und manchmal, ganz selten, einen dieser großen, schönen Geistesblitze.

  2. Ach ja, neueste Nachrichten von DIR, nachdem du jahrelang von der “ Szene “ verschwunden warst.

    Schön zu lesen, dass sich quasi alles zum Guten gewandt hat, dass du deinen Weg gefunden hast, dass du zufrieden bist, weißt, was du willst – auch auf ganz privater Ebene, freut mich für dich !!

    Ein Buch ist auch in Arbeit, wow !! Wir dürfen gespannt sein !

    Ging ja ratz fatz mit dem Schreiben, nachdem du dich dazu entschlossen hattest – gut so !!

    Was die Bloggerei angeht, so sind die Zeiten von früher auch nicht mehr die, die sie mal waren. Viele laufende Blogger haben das Handtuch geworfen – aus welchen Gründen auch immer. Ich bleibe am Ball, weil es mir einfach Spaß macht – das Laufen und das Schreiben !!

    Lass es dir weiterhin gut gehen, wir hören, lesen voneinander !

    1. Hey cool, gleich ein Kommentar von dir, das adelt meinen „Neustart“!

      Du hast recht, es haben sich einige Dinge sehr gut gefügt – auf der „ganz privaten“ Ebene fügte sich hingegen rein gar nichts, das ist leider ein weißer Fleck auf der Landkarte….

      Bezüglich der Bloggerei bin ich froh, der Versuchung namens „Monetarisierung“ widerstanden zu haben, allerdings musste ich keinen übermäßig großen Widerstand leisten, weil mich der Gedanke von vorne herein nicht gereizt hat. Klar hatten und haben viele sicher die Vorstellung vom passiven Einkommen, aber, wie wir beide wissen…. 😉

      Mein Blog soll / darf / wird, sich wahrscheinlich in Richtung einer Plattform für mich selbst entwickeln, auf der ich meine Gedanken, die auch bei anderen Vorhaben aufploppen, gebündelt darlege. Was das genau sein wird, muss ich selbst noch konkretisieren.

      Nun mache ich mich auf zum Gegenbesuch bei dir!

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