Rough Stuff Lodenweste

Loden ist, was Softshell gerne wäre: wind- und wasserabweisend, warm, geruchsneutral, und, und, und. Von Rough Stuff aus Gütersloh gibt es eine Weste, die sich Läufer näher ansehen sollten. Ich habe genau das getan.

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Loden? Zum Laufen? Spinnt er jetzt völlig? Keineswegs. Im Gegenteil, ich habe alle meine Sinne beisammen. Denn Loden ist, was Softshell gerne wäre: wasserabweisend, winddicht, warm, robust… Und obendrein geruchsabweisend. Wenn das kein Grund ist, die Weste von Rough Stuff auf ein Läufchen mitzunehmen!

Beschreibung Rough Stuff Weste
Material: 100% gewalkte Schurwolle, Netzfutter aus 100% Polyestergewebe
Farbe: schwarz / grau
Gewicht: 477g (Größe M, gewogen)

Die hüftlange Weste mit Stehkragen hat vorne einen Reißverschluss mit Windschutz. Drei Taschen (eine davon als Napoleontasche in Brusthöhe sind aus Netzstoff, so dass sie geöffnet als zusätzliche Belüftung dienen. Schnürzug im Bund.

Erster Eindruck
Die Weste fasst sich genau so an, wie ich es mit Loden verbinde: einerseits weich, aber doch etwas steif und rau. Nichts, was ich auf der bloßen Haut tragen wollte, stattdessen Vertrauen einflößend. Etwas Pathos gefällig? Der Stoff scheint mir zuzuraunen: lass‘ uns nach draußen gehen, ich passe auf dich auf. Geduld, werte Weste, gleich geht’s raus.

Weil ich von Textiltechnik überhaupt keine Ahnung habe, schaue ich auf das Offensichtliche. Ob Nähte krumm verlaufen, Fäden lose herumhängen, oder irgendwas schief sitzt, oder sonst komisch ausschaut. Soweit ich es als Laie beurteilen kann, ist die Verarbeitung perfekt.

Mir passt die Weste in Größe M wie angegossen: Sie sitzt einfach „satt“ am Körper. Nichts zwickt, nichts engt ein – und nichts schlabbert herum, wobei ich noch genug Platz habe, um einen Pullover drunter zu tragen.

Es folgt der für mich unvermeidliche Kragentest: Reißverschluss zu – und intensiv auf den Halsbereich konzentrieren. Wie sitzt der Kragen? Vermag er den Hals zu schützen, ohne mir die Luft abzuschnüren? Stört der Reißverschluss?

Hohe Ansprüche, ich weiß.

Bei der Rough Stuff Weste ist die Höhe perfekt, ebenso der Umfang. Es bleibt ein knapp fingerbreiter Spalt, der für mich völlig in Ordnung ist. Wäre er enger, würde der Loden an seine Grenzen stoßen (Loden dehnt sich weniger als etwa Fleece), und das „drunter“ dürfte seinerseits keinen Kragen haben. Auch der Reißverschluss ist kaum zu spüren, dem kleinen Schutz sei Dank. Besser wäre nur noch ein diagonal verlaufender Reißverschluss. Rough Stuff hat meinen kritischen Kragentest mit Bravour bestanden.

Und die Armlöcher? Auch da bin ich kritisch, seit ich als Kind mal einen Pulli hatte, der mich einschnürte. Nach zweimaligem Tragen habe ich mich ihm verweigert. Die Lodenweste werde ich öfter tragen!

Bleibt der Rest: die Taschen sitzen dort, wo ich sie erwarte, um meine Hände zu wärmen oder Gegenstände unterzubringen. Weil die Netze, aus denen die eigentlichen Taschen genäht sind, an drei seiten festgenäht wurden, bilden sie sogar nach oben offene Innentaschen. Ich würde wahrscheinlich nichts dick auftragendes hineinstopfen wollen, weil die Weste gar so gut am Körper sitzt. Aber es ist schön zu wissen, dass ich könnte, wenn ich wollte.
Am Saum gibt es einen Gummizug, mit dem er sich dichtziehen lässt.

Bevor ich es vergesse: als feinmotorisch herausgeforderter Mensch weiß ich es sehr zu schätzen, dass der Reißverschluss sich gut einfädeln lässt. Zum Hinsetzen wäre ein Zweiwege-RV praktisch, der sich auch von unten öffnen lässt, damit die Weste nicht hochrutscht.

Leicht ist sie mit ihren knapp 500 g übrigens nicht. Grammjäger werden nach Alternativen suchen; ich für meinen Teil sehe sie als Universalweste mit breitem Einsatzbereich. Auch und gerade für die Phase nach dem Training, wenn ich etwa noch kurze Zeit im Auto unterwegs bin. Da lobe ich mir die Klimaanlage am Körper. Was kratzen mich da ein paar Gramm mehr.

Test
Wetter: etwa 6°C, windig, bedeckt. Teils leichter Nieselregen
Drunter: Craft Zero Longsleeve

„Schütze deinen Rumpf“ hört und liest man ja immer wieder, und eine Weste trägt ihren Teil dazu bei, was den oberen Teil des Leibes betrifft. Das Wetter schien mir daher für einen Test der Lodenweste goldrichtig, denn Dauerregen hätte trotz der wasserabweisenden Eigenschaften von Loden nach einer Regenjacke verlangt, während mich höhere Temperaturen nur hätten schwitzen lassen.

So aber: Weste an und hinaus!

Wie immer ist es zu Beginn eines Laufes etwas kühl an den Armen. Nachdem ich das schon kenne, lief ich frohen Mutes weiter, und achtete auf das Wohlbefinden am Oberkörper: warm. Angenehm warm. Es fühlte sich an wie von einem kleinen Ofen beheizt. Daran änderte sich nichts, als ich auf „Betriebstemperatur“ war, mein Körper also mehr Wärme abführen musste. Das also bedeutet Temperaturausgleich bei Loden. Ich bin beeindruckt.

Selbst kräftigere Windböen kamen nur soweit durch, dass ich sie wahrnehmen konnte. Ich hatte während des gesamten Laufes den Eindruck, gut belüftet, jedoch nicht zugig unterwegs zu sein. Der auch bei Membranjacken und Windbreakern oft vorkommende Wärmestau blieb aus. Auch auf Loden trifft zu, was mir bei anderen Kombinationen mit Naturstoffen schon aufgefallen war: sie schaffen ein tolles Körperklima!
Oder, wie im Netz über Loden zu lesen steht: das Material wirkt temperaturausgleichend. Stimmt!

Leichter Nieselregen zwischendrin perlte an der Weste ab wie Tautropfen auf einem frisch lackierten Ferrari. Zu poetisch? Nicht doch, der Satz ist mir gerade eingefallen, jetzt bleibt er drin. Nochmal sachlich: leichter Regen perlt ab. Sollte es stärker gießen, dringt das Wasser zwar durch, der Stoff hält trotzdem warm.

Zwischenzeitlich war ich ein paar Mal mit der Weste unterwegs gewesen – ich kann bestätigen, dass sie keinerlei Geruch entwickelt hat. Spart auf Etappenläufen schonmal ein Kleidungsstück, denn diese Weste macht auch „zivil“ eine gute Figur. Samstag Wandern, Sonntag Laufen – Montag ins Büro: das geht!

Fazit
Wenn’s nicht auf das Gramm ankommt: schick und mit beeindruckender Funktion. Klimaanlage für den Oberkörper!

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wenn ich will, kann ich auch lächeln

10 Gedanken zu „Rough Stuff Lodenweste“

  1. Uff, zum Glück hast Du noch ein zweites Foto angehängt. Das coole Modelbild ist schon sehr streng …

    Danke für den Bericht. Von solch einer Laufjacke hatte ich bislang noch nichts gehört. Der Einsatzbereich, wie Du ihn beschreibst, scheint in der Tat interessant.

    So kommt also wieder ein Teil auf den Wunschzettel. Dabei ist es noch so lang bis Weihnachten …

    Liebe Grüße
    Rainer 😎

    1. O ja, schönes Wetter hat auch Nachteile, wenn dem Fotoobjekt die Sonne ins Gesicht scheint.

      Ist dein Wunschzettel auch so lang wie meiner? Wenn alle meine WÜnsche erfüllt würden, muss ich die Liste noch um mehr Lagerplatz erweitern. 😉

      Liebe Grüße,
      Harald

  2. Von Lodenwesten hab ich auch noch nichts gehört.
    Allerdings kommt mir das Gewicht schon recht hoch vor oder? Kann ich fast mit einer Gewichtsweste vergleichen 😉

    Sie steht dir ausgezeichnet und gefallen tut sie dir auch. Passt!!

    1. Erstaunlich, die Lodensachen, gelle?
      Wenn du das Gewicht mit speziell fürs Laufen gedachten Westen vergleichst, liegt sie deutlich drüber. Im Training jucken mich ein paar zusätzliche Gramm allerdings wenig – der Komfort wiegt’s im wahrsten Sinne des Wortes auf. Wobei ich sie auch eher selten zum Laufen trage – fast zu schick. Ich finde solche Kleidungsstücke super, um sie z.B. auf Reisen mitzunehmen: nur eine Weste für Laufen und zivil statt derer zwei. Das spart dann wiederum Gewicht und Platz. 😉

  3. Was es alles gibt !
    Lodenwesten !

    Da fällt mir das ein, was du auch geschrieben hast, die Arme sind zunächst kühl, und das würde mich stören, also müsste man noch ein winddichtes Teil drunter ziehen, dann aber brauche ich keine Weste.

    Wie auch immer
    sie kleidet dich gut
    die Weste
    siehst aus wie ein Model
    das die neueste Laufmode präsentiert
    einmal ernst
    einmal lächelnd
    was gefällt mir nun besser ?

    Ansonsten zu schwer
    bin Gramm-Sammlerin
    je leichter
    desto
    fängt an den Schuhen an
    und endet am Kopf !

    Viel Spaß damit

    1. Ich weiss es zu schätzen, wenn die Arme frei sind, meistens schiebe ich die Ärmel nach hinten, wenn ich eingelaufen bin. Windschutz brauchst du echt nicht!
      Model…meine Güte, ich erröte! 🙂 Danke für die Blumen – sag‘ bescheid wenn du dich entschieden hast (lächeln oder nicht)

      Als Gramm-Sammlerin nimmst du also stetig zu….sagt der Wortklauber! 🙂
      Ich bin da toleranter, probiere gerne Sachen aus. Wobei zu diesem Thema schon seit Monaten ein Artikel in meinem Kopf kreist. Ich sollte bald kreißen…

      Liebe Grüße,
      Harald

  4. Hallo Harald,

    oh ich liebe Schurwolle. Auch ich habe eine Lodenjacke und die ist im Regen, Schnee und Sturm einfach unschlagbar. Auch die Schurwolle-Unterwäsche (lies Merionwolle) ist genial!! Die hatte ich das erste Mal in Nepal dabei, da ich gewusst habe, ich komme nicht so oft zum Wäsche waschen – und es stimmt wirklich, auch nach längerem Tragen stinkt nichts!! 😀

    Danke für einen guten Bericht!!

    Liebe Grüße Anna

    1. Hallo Anna,

      Merino ist auch klasse, direkt auf der Haut für mein zartes Gemüt zu kratzig (was, wie ich gemerkt habe, auch auf die Marke ankommt). Der Klima- und Geruchsaspekt ist echt genial. Und Loden setzt als äußere Schicht noch eins drauf. Saugutes Material.

      Liebe Grüße,
      Harald

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