Ya, ich yoge auch

Die Schreibweise ist ausnahmsweise kein Wortspiel, sondern ich verweise mit ihr auf eine Betätigung, die ich seit einem gefühlten Jahr gerne betreibe. Ich rede von Yoga.
Und ich kann es mir nicht verkneifen, in dieser Einleitung anzukündigen, dass meinen Weg zum Yoga beschreibe. Freilich: Ich mache Yoga, so kam ich drauf, und das bringt es mir hätte euch die gleichen Informationen geliefert, jedoch gehört es in solchen Artikeln anscheinend zu guten Ton, den Bezug zum Einstieg in dieser Weise zu formulieren. Da wäre ich ja vollkommen dämlich, wenn ich die Gelegenheit, derlei auf die Schippe zu nehmen, nicht beim Schopf packen würde - bevor ich euch erzähle, wie ich auf den Gedanken kam, wie ich Yoga betreibe und was es mir bringt.

Mein Weg zum Yoga

Eines Tages, es muss irgendwann im Sommer letzten Jahres gewesen sein, erwachte ich nach einer Nacht erquickenden Schlafes - und nichts war wie zuvor. Nicht nur, weil ich einen Tag älter geworden war, nein, im Halbschlaf fühlte ich eine Leere in mir, während ich ein tiefes Grollen zu hören glaubte.
OMMMMMMMMOOMMMMMMMOOOOOMMMMMOMMM
Sollte dies ein spirituelles Erlebnis sein? Werde ich die sieben Säulen der Weisheit zu Gesicht bekommen, wie T.E.Lawrence sie beschrieben hatte? Beinahe, denn obzwar ich nicht zur siebenfachen Erkenntnis fand, hieß immerhin die Säule des morgendlichen Harndrangs mich erheben und den Ort der Erleichterung aufsuchen.

Im Zustand des Erwachtseins wurde mir später klar, dass ich Hunger gehabt hatte.

Dennoch gab mir die Erinnerung an mein inneres Erleben zu denken, woraufhin ich mich in eine weite, wallende Hose und Sandalen kleidete, um mich auf den Weg zum Weisen Dlarah zu machen. Dortselbst, nach der sandaligen Überquerung des Himalaya gedachte ich Erleuchtung zu finden.

Ich bekam kalte Füße.

Auf dem Rückweg latschte ich beim Abstieg vom Nanga Parbat auf eines der weiten, wallenden Hosenbeine und stürzte hin.

Dämliches Klamottenzeug, völlig sportuntauglich.

Jedoch war ich durch der yogischen Erleuchtlichkeit mobil genug geworden, dass ich den tiefen Fall unverletzt überstand.

Dies überzeugte mich vom Nutzen des Yoga, weshalb ich beschloss, Gewichtheben, Joggen und weitere Aktivitäten durch gelegentliches Yogen zu ergänzen.

Jetzt aber Wirklich: Yoga und ich

Klar kenne ich Yoga, und freilich hatte ich hie und da schon Leute den Nutzen hiervon preisen hören. Außerdem steht in etlichen Publikationen (nicht nur) aus der RKC-Ecke, dass man sich bei Aufwärm- und Mobilisierungsübungen fleißig dort bedient habe. Wieso auch nicht, das Rad ist schon da, und weshalb unnötigen Aufand in seine Neuerfindung stecken?
Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass sich der menschliche Körper im Verlauf der Geschichte des Yoga seit seinen Ursprüngen vor rund zweieinhalbtausend Jahren kaum weiter evoloutioniert hat.
Also bildeten diese übernommenen Übungen einen Teil meines Programms. Mit Yoga selbst als der Quelle davon hatte ich mich allerdings nicht beschäftigt. Das änderte sich während einer Schnupperstunde in einem, ich glaube man nennt es Yogahaus, am Ort. Zwei Stunden, von denen knapp die Hälfte richtig super war. Der Rest bestand aus OMMMMM, Gesang, und Herumliegen bei Räucherstäbchenrauch. Nicht mein Ding. Ich bleibe beim Positiven: Die Positionen waren sehr anstrengend und ich hatte den Eindruck, dass meine ohnehin fragwürdige Mobilität vielfach an ihre engen Grenzen stieß.
Coole Sache, dachte ich mir, und beschloss mich auf den Weg zu machen.
Hier kommt mein Weg wieder ins Spiel. Das heißt entommtes Yoga, außerdem bleibe ich Nichtraucher. Müsste ich mich korrekt Nichträucherstäbler nennen?
Kein Gesang und wenn überhaupt, dann Musik, die mir gefällt. Von mir aus nennt es Gymnastik mit yogaartigen Haltungen. Ich sage weiterhin Yoga dazu.

Da ich die Bedeutung der korrekten Übungsausführung zwar nicht mit der Muttermilch, aber doch immerhin mit der RKC-Community aufgesogen habe, war mir klar: Ich will herausfinden, worauf es bei einzelnen Positionen - Asanas - ankommt, wie und auf welche Teile des Bewegungssystems sie wirken und natürlich auch, welche Parameter variiert werden können. Es schien mir, dass das nötige Wissen zumindest für meine Zwecke (lies: erste Gehversuche, besser gesagt: Steh- und Liegeversuche) zunächst aus Büchern erworben werden könnte. Folglich beschuf ich mir einige Bücher zum Thema, unter anderem zwei grandiose Werke von Ray Long (unten gelistet), die mir sehr geholfen haben.

Videoaufnahmen und - hie und da und dort und viel zu selten weil ich zu wenig Videos schicke - Feedback von einer Mobilitätsgöttin unterstützen den Lernprozess.

Wie yoge ich?

Meistens beginne ich mit dem Sonnengruß. Bei jedem Wetter und auch nachts stelle ich mich auf den Balkon, von wo aus ich dem Gestirn freudig zuwinke. Meine Nachbarn haben sich mittlerweile daran gewöhnt, eigenartigerweise wechseln sie die Straßenseite, wenn sie mir begegnen.
Späßle g'macht, aber der musste sein.
Also im Ernst (das aber auch in Grenzen). Sonnengruß ist dabei, ansonsten schnappe ich mir eine geringe Zahl von Asanas, die ich zu verfeinern trachte. Als Kontrolle dienen mir dazu die Angaben bei Long, der sehr gut beschreibt, welcher Muskel in welcher Position anzuspannen ist, damit die Dehnung im Zielmuskel zu spüren ist.
Ansonsten ist es reines Technikerwerbstraining nach bewährtem Muster, da gehe ich ganz konservativ vor. Bekannte Asanas verbessern, bis sie weniger Aufmerksamkeit verlangen und in Fleisch und Blut übergehen, eine (!) neue dazunehmen. Fortschritt prüfen und weiter fortschreiten.
Wenn ich in einer Position entspannt atmen kann, passt es. A propos Atmen: Ruhiges Atmen beziehungsweise die anzuwendende Atemtechnik gehört mit dazu, wie bei jedem andern Sport auch. 
Aua! Er hat Yoga einen Sport genannt!
Ja, hat er. Auch wenn ich mir insofern widerspreche, als ich Sport per se mit Wettbewerb und Leistungsorientierung verbinde, sehe ich bei Yoga dennoch eine Verbindung zum Sport, weil es mich anstrengt (ok, das würde auch für Gartenarbeit gelten) und weil es eine zielgerichtete Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper beinhaltet. Pragmatismus ist also angesagt, ganz profan ohne Rauch und OMMMMM und Singen, aber mit sehr guten Ergebnissen.

Wie läuft’s

Prima läuft es. Neulich nahm ich ein Video beim Einnehmen des Herabschauenden Hundes auf. Nein, ich habe ihn nicht gegessen!

Erinnerte mich die Linie von Beinen, Oberkörper und Armen ehedem an eine wilde Polygonlinie, so traute ich nun meinen Augen kaum, als Beine, Rücken und Arme ziemlich gerade waren, mit dem Knick in der Hüfte. Ein Dreieck mit der Spitze nach oben. Hurra!

Meine Fersen sind noch ein, zwei Zentimeter vom Boden weg, aber das kriege ich auch noch hin.

Und so arbeite ich Stück für Stück daran, mich weiter zu verbessern. Glaubt mir, der Weg ist noch weit!

mein fazit

Mir macht Yoga Spaß. Die Ergebnisse - sprich: Erfolg - spornen mich an, dranzubleiben, wobei der Umkehrschluss natürlich auch gilt: Dranbleiben führt zu Verbesserungen. Selbst für das Gewichtheben nutzt Yoga, weil ich meine Schultermobilität dringend verbessern muss. Verbessern will.
Ich vermisse allerdings die Yogahaltung Johannes-Paul II, die ich nach sehr intensiven Sessions mit der Kettlebell einnehme. Sie ist nach dem gleichnamigen Papst benannt, der beim Staatsbesuch den Boden des Gastlandes in kauernder Haltung zu küssen pflegte. Weder gelang es mir, diese Position in der Yogawelt zu finden, noch ergab meine Recherche, ob JP-Zwei bei seinem Kuss die Zunge zum Einsatz brachte. Vielleicht wissen meine Leser mehr?

Ganz am Rande ist Yoga auch eine prima Aktivität, wenn ich leicht angeschlagen bin und es für "richtiges" Training nicht reicht. Mit Yoga tue ich etwas für meine Mobilität und kann, auch das ist mir wichtig und freut mich ungemein, wenigstens eine Viertelstunde ins Trainingslog schreiben.

Literatur

Long, Ray: The Key Muscles of Yoga. BANDHA YOGA 2008, ISBN-13: 978-1607432388
Long, Ray: The Key Poses of Yoga. BANDHA YOGA 2008, ISBN-13: 978-1607432395
Schöps, Inge: Yoga - Das große Praxisbuch für Einsteiger & Fortgeschrittene. Delphin 2017, ISBN-13: 978-3961281510

4 Gedanken zu „Ya, ich yoge auch“

  1. Lieber Yogo (männlich !!) , gerade schrieb ich einen Kommentar – und wie erhext – weg ist er – was ist das denn ? Habe mich gerade zwischen dem Federbett kurz aufgerafft, hier zu kommentieren – und dann das !!

    Wie auch immer, ich finde es gut, dass du dich dazu entschieden hast -Laufen -Kettlebell – dann auch noch Yoga, hast du überhaupt noch Zeit für anderes ?

    Hätte/würde ich auch gerne, aber hier in unserem beschaulichen Örtchen gibt es leider kein derartige Angebote, und alleine, das wäre mir zu mühsam – oder was meinst du ? Hast du alleine ?

    Kenne dich zwar nicht persönlich, kann mir dich aber sehr gut vorstellen, wie du………………, wenn ich deine Nachbarin wäre, ich würde nicht auf die andere Straßenseite wechseln !

    In diesem Sinne: Gut Yoga !!

    1. …und die zweite Antwort.
      Wordpress glaubt, deine Kommentare müssten extra freigegeben werden. Komisch.

      Geht’s dir langsam besser?

      Du würdest nicht die Straßenseite wechseln? Hach, du siehst mich erröten…Dankeschön! 🙂

      Ciao,
      Harald

  2. Lieber Yoga,

    schnell, bevor ich wieder in die Federn verschwinde, solange reicht meine derzeitige Energie gerade noch – ein paar Worte zu Yoga.

    Finde es sehr gut, dass du den Weg dahin gefunden hast, Laufen, Kettlebell – jetzt auch noch Yoga, hast du denn noch Zeit für anderes ? Mit fiele dazu einiges ein !!

    Hätte gerne mal einen Kurs besucht, aber in meinem Örtchen gibt es so etwas leider nicht – und mich alleine auf diesen Weg ohne professionelle Hilfe zu machen, erscheint mir zu mühsam – oder – was meinst du- hast du es alleine ……………und wie ?

    1. Liebe Yogessa,

      ich habe zum Glück noch Zeit für anderes: Radeln, Studium, …. Was fiele dir denn noch ein? Ich freue mich über Anregungen. 🙂

      Bislang geht es ohne Trainer sehr gut (wie gut, werde ich sehen, wenn ich mich dereinst doch von einem Trainer trainieren lasse). Yoga scheint mir eine Sprache, in der ausgesprochen viele Dialekte gesprochen werden. Eigentlich bräuchte ich einen Berater, der mir hilft einen Trainer zu finden. Wobei das Eigenfeedback durch selbst aufgenommene Videos und den Vergleich ,mit Bildern ganz gut ist. Anscheinend kommt’s beim Yoga nicht dermaßen auf saubere Technik an wie z.B. beim Gewichtheben.

      Ciao,
      Harald

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