Ich liebe es, wenn es funktioniert. Eifrige Freunde des A-Teams werden sich an den Ausspruch von Hannibal erinnert fühlen: sein Satz Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert hat es zum geflügelten Wort gebracht. „Es“ ist in meinem Fall jedoch das Material, aus dem meine Klamotten sind – und mit Loden wiederum ein echter Klassiker unter den Stoffen.
Tobias Stork von Rough Stuff hat Loden aus der jagdgrünen Ecke herausgeholt, um eine Reihe erstklassiger, funktioneller Kleidungsstücke zu schaffen. Sportlich gestaltet, gibt es mit dem Deubelskerl eine Jacke, die für alles taugt. „Dem“ Deubelskerl? Ich gerate in sprichwörtlichen sprachlichen Zweifel. Es heißt der Deubelskerl, Jacken sind aber weiblich. Die Deubelskerlin?
Liest zufällig ein Germanist mit?
Besser, ich wende mich dem eigentlichen Thema zu.
Beschreibung
Die Deubelskerl genannte Jacke (mit der Formulierung ziehe ich mich aus der Affäre) besteht, mit Ausnahme von Kleinkram wie Netztaschen oder Reißverschlüssen, ganz und gar aus Loden – also Schurwolle.
Insgesamt vier Taschen (zwei Napoleontaschen und zwei mit Netz hinterlegte Taschen) bieten reichlich Stauraum und „Handwärme“.
Neben dem üblichen Schnurzug im Saum, und der verstellbaren Kapuze (Größe mit Schnurzug am Hinterkopf und, wie üblich, am Umfang), ist ein weiterer Zug am Hals vorhanden. Mit ihm lassen sich Kopf und Hals noch besser vor den Unbilden des Wetters schützen. Aber dazu später mehr.
Material: Loden – 100% gewalkte Schurwolle
Netzfutter: 100% Polyester
Gewicht: 800g (Größe M, gewogen)
Farbe: schwarz
Test
Erster Eindruck
Ja, es ist Loden, also würde ich die Jacke nicht auf der bloßen Haut tragen wollen. Davon abgesehen gefällt mir, wie der Stoff fällt: etwas steifer als dünnere Materialien, und doch weich. Ich fasse sie (die Jacke!) gerne an, so warm und weich im Griff ist sie (die Jacke!).
Die Passform ist für mich perfekt, der Saum liegt locker an, so dass ich mich gut und locker bewegen kann. Richtig cool finde ich die Länge der Ärmel: etwas länger als üblich, reichen sie knapp bis zur Handmitte. So kann ich die Finger zum Wärmen bequem einfahren – Schildkrötentaktik!
Der absolute Hammer ist die Kapuze. Kapuzen sind ein Thema für sich, im Falle des (der?) Deubelskerl ein echtes Bravourstück. Zunächst einmal passt sie mir perfekt – und dann sind da noch die drei Einstellmöglichkeiten. Klar, einmal ums Gesicht herum kennt man von den meisten Hoodies. Hinten am Kopf lassen sich Kapuzen an vielen der besseren Jacken enger oder weiter stellen. Was ich zum ersten Mal sehe, ist ein weiterer Schnurzug am Hals. Ob auf- oder abgesetzt, der Hals bleibt warm, und nichts zieht.
Bevor mich die Begeisterung davonträgt: der Reißverschluss geht schön weit nach oben, zumindest das Kinn muss nicht frieren.
Napoleontaschen finde ich seit jeher super: leicht zugänglich und ausreichend groß (ein Notizbuch DIN A6 passt rein). Gar riesenhaft sind im Vergleich die Haupttaschen weiter unten. DIN A5 ringt ihnen ein müdes, unterfordertes Schmunzeln ab. Na gut, ich hab’s verstanden…
Bedingungen: zwischen -3 und +12°C; Schnee, Regen, Nebel, Sonne. Teilweise windig
Drunter: T-Shirt, dünnes langärmliges Baselayer (Craft Active).
Wo fange ich an? Vielleicht mit der Feststellung, dass Loden nicht vollkommen winddicht ist, sondern ein wenig Luft durchlässt. Für mich ist das diesseits von Sturm und zu magerer Unterschicht (nicht soziologisch gemeint) genau so wie ich es haben will. Allzu dichte Stoffe lassen mich schnell an Hitzestau denken, und das Lodenlüftchen macht gerade sportliche Aktivitäten sehr ersprießlich. Ein Bekannter von mir trägt die Jacke auch zum Radfahren, und ist begeistert!
Regen, damit erzähle ich wahrscheinlich niemandem etwas Neues, lässt Loden zwar nass (und demnach schwerer) werden, es bleibt aber trotzdem warm. Wenn es richtig gießt, würde ich mir wahrscheinlich eine Regenjacke drüberziehen (drunter wäre eine Alternative, das müsste man mal ausprobieren), leichten Regen oder Schnee kratzt weder Jacke noch ihren Träger.
Warm ist das Ding allemal, beim Laufen reichte mir ein dünnes Baselayer drunter auch bei Minusgraden. Wenn ich weniger aktiv war (Deubelskerlchen begleitete mich zum Stadtbummel, beim Wandern, und auch sonst fast überallhin), habe ich über meine normalen Klamotten einfach eine Weste gezogen – gerne stilecht die Lodenweste von Rough Stuff, das ging dann locker auch bei Minusgraden.
Am anderen Ende der Skala habe ich die großen Reißverschlüsse der seitlichen Taschen zur Belüftung verwendet. Dank Netzfutter kann ordentlich Wärme abgeführt werden. Das so ein Detail, zu denen mir sofort gut durchdacht einfällt. Von der Kapuze und den Ärmeln habe ich ja schon geschwärmt.
Ich ließ tatsächlich öfter mal die Handschuhe zuhause, um unterwegs die Schildkrötentaktik anzuwenden.
Waschen brauche ich die Deubelskerl übrigens immer noch nicht, obwohl ich den Winter über öfter mit ihr laufen war.
Wolle stinkt eben kaum einmal, und falls doch, genügen normalerweise ein paar Tage des Lüftens.
Meistens hatte ich sie übrigens jenseits sportlichen Tuns an, sie schaut einfach zu cool aus, um sie nur dafür zu nutzen.
Fazit
Loden mag für Laufkleidung noch unüblich sein, angesichts der Eigenschaften hat es der Stoff meiner Meinung nach verdient, dass sich dies ändert. Vor allem dann, wenn eine derart gut durchdachte, vielseitige Jacke daraus hergestellt wird.
Was taugt zum Laufen, Wandern, Radfahren, Pferde Stehlen, Stadtbummel? Genau. Ein Deubelskerl. Oder sein weibliches Gegenstück.
Mehr Info: Roughstuff