Schall und Rauch

Namen sind Schall und Rauch. Weil nun ein jedes Kind einen Namen haben muss, gibt es in der Sportbranche reichlich Rauchzeichen zu sehen. Wenn das mal keine Einladung an mich ist, meinen humorigen Blick darauf zu werfen….

Namen sind Schall und Rauch. Das weiß der Volksmund schon lange, denn Goethe hat ihm diese Erkenntnis vermittelt. Möglicherweise verhält sich die Sache auch umgekehrt: Goethe schaute dem Volke aufs Maul, fand Gefallen am Aussproch, den er für sein Drama Faust übernahm. Ob er sich dabei ins Fäustchen lachte, ist nicht überliefert.

Leicht ist die Namensfindung selten, ganz ohne geht es schließlich auch nicht. Das Kind, auch dies eine Volksweisheit, muss einen Namen haben. Oder zwei, wie die Torben-Benedikts dieser Welt unter Beweis stellen.

Wie gesagt: kein Name ist keine Lösung, das ist alternativlos, damit wir uns einen Begriff von etwas machen können. Schon Platon ließ Kratylos behaupten, dass ein jedes Ding von Natur aus den richtigen Namen hat. Sokrates, der alte Schlauberger, hat daraufhin zu bedenken gegeben, dass man das Ding erstmal erkennen muss, bevor man sich sicher sein kann, dass der richtige Name verwendet wird.

Auch doof.

Aber Hauptsache, wir sind uns einig über das, worüber wir reden, und den Begriff, mit dem wir das tun. Dazu brauchen wir, und da ist’s wurscht was die Sprachphilosophen sich denken, ein Wort für ein Ding.

Auch für Sportartikel.

Eigentlich würde ein eindeutiger Bezeichner, ein Code, ausreichen, um zum Beispiel Laufschuhe zu benennen. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht, schließlich wollen Gefühle transportiert sein, die zum Kaufe animieren. Kein Läufling würde ein Paar Trailschuhe für den Winter erstehen. Typ TS/W.
Nein, der Name muss schallen und rauchen!
Die Schaum schlagende Marketingabteilung eines jeden Herstellers lässt sich sowas nicht zweimal sagen: Getöse, Donner, Rauchzeichen, Qualmwolken müssen wie der Fanfarenzug vor jeglichem Produkt einhermarschieren. Kleopatra wäre neidisch, wenn sie wüsste, mit wieviel Tamtam ein popeliges Paar Laufsocken bisweilen angepriesen wird. Schall und Rauch fasst man auf als: je schreiender der Qualm, desto mehr Emotionen löst er aus.

Eigentlich müssten wir aus jedem Sportgeschäft mit Rauchvergiftung und geplatzten Trommelfellen flüchten.

Ich gebe zu, dass ich ein wenig übertreibe.

Das Kind braucht einen Namen.

Die Namensfindung beginnt bei den Marken selbst: mir scheint es als kluger Schachzug, sich nach der Siegesgöttin Nike zu benennen; auch die Idee, aus anime sana in corpore sano die Marke asics zu machen, verdient Anerkennung. Nicht vollig sauber, denn ursprünglich war von mens sana in corpore sano die Rede. Weil sich msics doch etwas holprig ausspricht, verfiel man auf den Gedanken, aus dem Geist (mens) die Seele (anima) zu machen.

Weniger einfallsreich, aber zumindest auf der sicheren Seite sind jene Unternehmer, die unter ihrem eigenen Namen firmieren: Kössmann zum Beispiel. Adolf Dassler blieb dieser Weg bei der Gründung seines Unternehmens verständlicherweise versperrt; im Jahre 1949 war Adolf wahrlich keine gute Idee. Geschadet hat ihm das nicht, denn adidas klingt so schlecht nicht!

OMM hat übrigens nichts mit östlichen Meditationstechniken zu tun, sondern steht schlicht für Original Mountain Marathon. Praktisch, wenn die Ausrüstung genauso heißt wie die Veranstaltung. Ebenso gut gefällt mir Inov-8, wo ich Wortspiele doch so gerne mag. Einzig der milde Leistungsdruck, unter den sich die Marke mit ihrem „innovate“ ausgesprochenen Namen setzt, sollte dortselbst beflügelnd wirken. Möge man nicht stillstehen und fleißig innovieren!

Unter dem Aspekt sind geographische Bezeichnungen schon bequemer: Cotopaxi heißt nach dem zweithöchsten Berg Ecuadors, und Maloja nach einem Ort in der Schweiz, wo die Inspiration zur Gründung gewirkt haben soll. Ich vermute, die Leute sind heilfroh, dass ihnen die Idee nicht in Garmisch-Partenkirchen kam.

Hoka One One tanzt aus der Reihe, mir ist nicht gelungen, den Namen zu entschlüsseln. Da ist mir Hill People Gear schon lieber, die liefern schon fast eine Beschreibung des Einsatzzwecks ihrer Ausrüstung. Eine SALOMINische Idee!

Schuhe finde ich echt witzig. Bushido heißt da ein Modell. Wenn die wüssten, was für ein Mensch hierzulande unter dem Namen auftritt… Wahrscheinlich würden sie sich ihre Speedcross unter die Füße schnallen, damit er ihnen nicht die Beine brechen lässt. Fellraiser heißen übrigens Schuhe von Salomon. Wer von Fell Running noch nichts gehört hat, mag mit pelzgefütterten Laufschuhen rechnen. Unverdächtiger scheint mir da Mafate, was dem Uneingeweihten erstmal gar nichts sagt, aber wenigstens nett klingt. Altra transportiert mit dem Lone Peak das Versprechen, anlässlich eines Laufes auf einem einsamen Gipfel kurz zu verweilen. Der Blick schweift in die Ferne, während der Mensch von einem tiefen Gefühl ergriffen wird.

Nichts für Speedgoats!

Ein jeder Hersteller, der fest im Mainstream angekommen ist, streut übrigens gerne drei zusätzliche Buchstaben in sein Sortiment ein.

Pro.

Pro ist wichtig.

Pro unterscheidet den, ja, wen eigentlich? Den Profi vom Amateur? Wobei ein kurzer Spaziergang durch den Baumarkt beweist, dass man „Profi“-Produkte in aller Regel in der Ramsch-Abteilung findet. Kein professionell tätiger Mensch würde ein „Profi“-Gerät anfassen. Ich fände es witzig, beim Kauf eines Pro-Produkts den Nachweis des professionellen Einsatzes zu verlangen.

Mit „Elite“ wird das noch lustiger. Weh dem Läufling, der Elite-Klamotten trägt, und nicht regelmäßig aufs Treppchen kommt!

Was trägt die graue Masse? Adizero dünkt mich angemessen für läuferische Nullen wie ich eine bin. Es sei denn, ich mache mich zur Revanche für eine erlittene Schmach auf. Die drei magischen Buchstaben, die kein Läufling gerne hinter seinem Namen in der Ergebnisliste liest, die dennoch zum Laufsport gehören wie die auf dem Feld der Ehre erworbenen Narben.

D N F

Dazu passt der adidas Revenge. Jawoll, das trägt der standesbewusste Sportling auf der Suche nach Genugtuung. Wer übrigens auf Denksportaufgaben steht, wird gerne zu kryptisch bezeichneten Leibchen wie dem S-Lab Exo Zip Tee greifen. Das liest sich derart technisch-wissenschaftlich, da mag ich mir gar nicht vorstellen, wie jemand mit solch einem Kleidungsstück angetan im regnerischen Wald herumturnt. Transportiert der Name nicht eher die Assoziation an einen weißen Laborkittel, getragen im Jet Propulsion Laboratory der NASA? Ich stelle mir einen Nerd vor, der seine Dissertation auf dem S-Lab Exo Zip Tee aufgedruckt trägt. In assyrischer Keilschrift, damit nicht jeder sie lesen kann.

Eventuell läuft er auch.

Bei Naturwissenschaftlern soll sich herumgesprochen haben, dass ein gesunder Geist im gesunden Körper wohnt, dass frische Luft dem Hirn beim Hirnen hilft. Manchmal entspringt einem solcherart inspirierten Denkorgan dann eine bestechend simple Idee. So muss es sich bei Ortovox zugetragen haben, denn dort gibt es das Merino Fleece Hoody.

Ein Hoody.

Aus Merino.

Merino Fleece, um genau zu sein.

Klartext. Kaum zu fassen!

8 Gedanken zu „Schall und Rauch“

  1. Lieber Harald,
    und wieder ein sprachlich eleganter hervorragender Beitrag aus Deiner Feder. Es ist erstaunlich was die Namensentwickler sich denken oder nicht denken, bei der Namensgebung für ein Produkt, teilweise undurchschaubar.
    Aber ich habe schon einen Berufswunsch für mein nächstes Leben: Produktnamenentwickler, wahrscheinlich braucht es gar nicht viel Kreativität, sondern „nur“ ein Studium der Psychologie 😉
    In der Pharmaindustrie verblüfft mich immer wieder, was die Firmen so auf den Markt schmeißen: so wohlklingende Namen wie Xadago, Oprymea, Zynbryta (englisch ausgesprochen) oder Cellcept sollen die meist unaussprechlichen Wirkstoffe verniedlichen und dennoch eine Nachricht über den Erfolg einer Behandlung versprechen…
    Aber so ist es mit Namen…nur Schall und Rauch 😀

    Danke für die Erhellung

    Salut

    1. Lieber Christian,
      hmmm….Psychologie…meinst du nicht, dass dich das zu sehr in die analytische Richtung lenkt? 😉
      Die Ergüsse der Pharmaleute kriege ich mit, wenn ich krank bin und Medikamente brauche. Zum Glück ist mein Leib nicht allzu kreativ in der Wahl seiner Gebrechen, so dass ich nur eine kleine Auswahl genießen „darf“. Bei Zynbryta musste ich spontan an Zaphod Beeblebrox denken – ob das beabsichtigt war? 😀

      Ciao,
      Harald

  2. Früher lief ich MR358, heute MT10. Auf blumige Namen scheine ich nicht so recht anzusprechen. Offenbar gibt es auch Marketingexperten die den technokratischen Lauffreund im Visier haben.

    1. Geil, bei MT10 liefert Google mir zuerst ein Motorrad. Deutet ja irgendwie darauf hin, dass deine These stimmt.

      Ciao,
      Harald

    1. Danke für deine Frage, die ich gleich per Mail an CEP weitergereicht habe. Ich poste hier, sobald ich Antwort bekommen habe! 🙂
      Ciao,
      Harald

  3. Lieber Harald,

    wenn ich mittlerweile nicht wüsste, wer sich hinter dem glorreichen Namen HARALD , dessen Bedeutung ich nicht kenne, verbirgt, wäre ich nicht gerade entzückt von dieser Namensnennung, dennoch ist es ein Versuch Wert, den Menschen, der vor vielen Jahren (auch schon länger her !! ;)von seinen sicherlich glücklichen Eltern so genannt worden ist, nicht zu verurteilen, weil er HARALD heißt.

    Habe mal eben nachgeschlagen, bedeutet: „der im Heer herrschende“, was immer das heißen mag !

    Soll heißen, ist mir wurscht, Namen beeinflussen in keinster Weise mein Kaufverhalten, ob der Schuh nun Racer 888 oder Quicky 2016 oder nur TV5 heißt, wenn er mir gefällt, dann kaufe ich ihn. Punkt.

    Dachte mir schon, dass von dir Neues kommt, wenn du plötzlich und unerwartet wieder aus der Versenkung auftauchst. 😉

    Sonnige Ostseegrüße von der Perle (die Bedeutung meines Namens) – wundert dich das ?

    1. O Perle des Nordens,

      diese gar militärische Bedeutung meines Namens kenne ich. Wäre witzig, wenn ich den Job wirklich mal machen müsste. „so Leute, jetzt lauft mal schön mit dem Feind um die Wette, danach grillen wir mit denen. Eure Knarren vergrabt mal lieber, sonst verletzt sich noch jemand…“ 😀

      Mir ist auch egal wie die Schuhe heißen. Passen müssen sie!

      Ciao,
      Harald

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