Ich scheue mich, zu einem verstaubten Klischee zu greifen, indem ich meinen Beitrag mit der Anmerkung eröffne, mit dem ersten Marathon sei es wie mit dem ersten Sex. Dem Standard folgend, würde ich Sätze nachschieben, in denen Worte vorkommen wie „nie vergessen“, „unerfahren“, „nicht allzu schön, aber unvergesslich“.
Stattdessen stelle ich schlicht fest: die meisten Läufer werden sich an ihren ersten Marathon erinnern. Immer. Und. Ewig. Oder so.
Bei mir war es 2001 in Würzburg. Besonders sind mir bei meinen ersten Marathons die ersten 10, 12 Kilometer im Gedächtnis geblieben, in denen ich vollkommen unsicher war, ob ich zu schnell oder zu langsam laufe, denn damals war der gemeine Läufer hauptsächlich mit Beinen und Stoppuhr unterwegs. Keine Rede von sophistischen GPS-Puls-Fettverbrennungs-vitalfunktionüberwachenden Minicomputern am Handgelenk.
Ich fand mich, Haken um im Walkingtempo quatschend nebeneinander sich fortbewegenden Mitteilnehmer schlagend, irgendwo mitten im Gedränge wieder. Ein wenig außer Atem – bin ich zu schnell? Mein Puls fühlte sich hoch an, macht’s die Aufregung, oder bin ich zu schnell? Wie schnell bin ich eigentlich?
Der Plan sah vor, dass ich etwas weniger als 6 min / km laufe, um die Vierstundenmarke zu unterbieten. Uhr habe ich. Kilometerschilder soll’s ja auch geben, nur: wo sind die? Eigentlich müsste ich um die 6, 12, 18… Minuten Marken herum ein Schild sehen, entweder am rechten oder linken Streckenrand. Nur wie im Gedränge. Wo hängen die doofen Dinger denn? Schilder gab’s genug. Sie weisen darauf hin, dass hier ein Autofahrer Vorfahrt hat (oder eben nicht), dass ein Installateur dort an Werktagen werkt. Eine Brezel sagt mir, ich könnte, wenn ich morgen wiederkäme, genau hier eine Brezel käuflich erwerben. Heute ging nicht, weil Sonntag war. Ausserdem sei in drei Wochen irgendwo ein Weinfest.
Schön. Vielen Dank für die Info. Ist mir aber wurscht, ich will wissen, wieviel Kilometer ich gelaufen bin, damit ich etwa abschätzen kann, wie schnell ich laufe. Ist mir eigentlich auch egal, primär will ich mich beruhigen. Wie sehen die verdammten Dinger überhaupt aus? Es wäre einfacher, wenn ich wüsste, wonach ich Ausschau halten muss. Nach über zehn Kilometern dann, endlich, die Reihen haben sich bereits gelichtet, das erste vom mir klar identifizierte Schild. Ich meine, es war grün/weiss. Es wäre toll gewesen, hätte sich in der Ausschreibung ein Muster befunden: „Liebe Läufer, so sehen unsere Kilometermarkierungen aus.“ Und dann ein kleines Bild.
Bei anderen Veranstaltungen ist sowas üblich. Wolfgang Höfle zum Beispiel, der Veranstalter des KuSuH, gibt sich beim Briefing am Vorabend zum Start dermaßen viel Mühe, Aussehen, Beschaffenheit und, man höre, staune und nehme sich ein Beispiel, auch die Position der Markierungen anzugeben, dass sich schon alleine deshalb nicht verlaufen will, um kein schlechtes Gewissen zu haben. Klappt dann trotzdem, vor allem nachts. Ich gebe zu, ein Stadtmarathon ist kein Trail, schon gar kein Ultratrail. Trotzdem hilft es den Läufern, vor allem jenen, die „sowas“ zum ersten Mal tun. Gerade die haben andere Sachen im Kopf, als sich zu orientieren.