Als nicht mit Fell oder Federkleid versehene Wesen müssen wir Menschen unsere Blöße mit Kleidung bedecken. Gewohnheitsmäßig greifen wir zu Socken, Hose, Oberteil - eine Kombination, die gegebenenfalls mit Schal, Mütze und Handschuhen ergänzt wird. Damit liegen wir zwischen zwei Extremen, denn es geht auch anders.
Ganz
Beginnen wir an jenem Ende des Weges, an dem wir aufs Ganze gehen. Ein zusammenhängendes Kleidungsstück, das weder Wünsche, noch Lücken offen lässt. Von Kopf bis Fuß und sogar einschließlich der Hände umhüllt es uns. So etwas wird zum Beispiel bei Seenot als Überlebensanzug gerne getragen, wo es darauf ankommt, den Menschen nicht nur hübsch warm, sondern auch an der Wasseroberfläche zu halten, denn die Dinger gibt es auch mit Auftrieb. Vor dem Gesicht schützt eine Plastikfolie vor salzhaltigem Spritzwasser. Auch dort, wo man mit biochemischen Gefahrstoffen umgeht, mag man ungern auf Komplettschutz verzichten. Wer würde schon in einem Labor für Krankheitserreger arbeiten wollen, wenn er damit rechnen muss, dass am Rücken unversehens ein Monteursdekolleté klafft?
Manch einem scheint ein solches reizvoll, bei mir löst der Anblick dieser Form des Ausschnitts allenfalls Brechreiz aus - was dem Laboranten beim Umgang mit komischen Viren wohl das Geringste der denkbaren Probleme darstellt.
Etwas weniger bedeckt geben sich kleine, sehr kleine Kinder ebenso wie Polarforscher, deren Overalls entweder auch Fußteile (für die lieben Kleinen), oder Kapuzen (für die eisig-coolen Wissbegierigen) mitbringen.
Aber auch der gemeine Sportling braucht nicht auf integrierten Komfort verzichten, denn die Unterbekleidungsbranche erfreut ihn mit Ganzkörperunterwäsche, an der zumindest das Kopfteil dran ist.
Bis hierhin haben wir uns der Gesamtheit insofern gewidmet, als wenigstens Ober- und Unterleib gemeinsam in die schützende Hülle schlüpfen konnten. Nun ist jedoch der Moment der Trennung gekommen, wir unterscheiden zwischen Oberteil und hosenartigen Dingen. Letztere kenne zumindest ich unter dem Namen Strumpfhose, als nicht mehr ganz so kleines Kind zog man sie mir an, wobei ich mich lediglich an eines erinnern kann: Ich hab' die Teile gehasst wie sonstwas. Keine Ahnung, warum, dennoch ist es mir ganz recht, wenn ich nicht weiter nachgrübeln brauche, weil ich mich dem Oberteil zuwende.
Leibchen mit integrierter Kapuze sind ja nun wirklich ein alter Hut, allerdings gibt von Aclima einen ganz interessanten Ansatz. Deren Warmwool Hood Sweater beinhaltet eine Balaclava, die nur hinten am Kragen befestigt ist. Daher lässt es sich als Kapuze (nur Kopf), als dicker, fetter Rollkragen und eben als Balaclava tragen. Coole Idee!
Die Daumenlöcher des Sweaters leiten formidabel zu den beiden Arm-Enden (sind das dann "arme Enden"?) über. Mehr ist dazu allerdings nicht zu sagen, denn es sind eben nur Löcher. Ganz anders sind die Klamotten, bei denen ein freundlicher Mensch kleine Säcklein annähen ließ, die bei Bedarf umgestülpt einen Handschuhersatz liefern.
Sollen wir diese Art Kleidung teilintegriert nennen, um sie vom integrierten Einmalkomplettbedecktanzug abzugrenzen, und den Gegenpol dazu modular? Wobei es eher atomar, also unteilbar heißen müsste, wenn ich davon ausgehe, dass die kleinsten Einheiten nicht noch weiter zerlegt werden können.
Andererseits könnte ich auch von integriert, teilmodular und modular sprechen. Ich verspreche euch, dass ich hierüber noch ein wenig sinnieren werde, doch zunächst sprengen wir das Ganze in die Luft, auf dass es in seine Einzelteile zerfliege!
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Ich mache es mir einfach, indem ich wie in der Einleitung bei den Füßen beginne, die sich in Socken - hoffentlich - wohl fühlen. Meine Recherche hat übrigens auch Zehlinge zutage gefördert, zu denen es allerdings keine Ergänzung in Form von Fersenlingen und Mittelfußlingen zu geben scheint. Bleiben wir als bei Socken.
Darüber schließen sich keinesfalls Beinlinge an, das wäre viel zu einfach. Wir erinnern uns, dass Beinlinge dem kurzbehosten Radfahrer dazu dienen, aus eben jener kurzen eine lange Hose zu machen, wenn's frisch wird. Würde ich jedoch bei Beinlingen Halt machen, hätte ich die Rechnung ohne den Anatomen gemacht, denn so ein Bein lässt sich weiter zergliedern, wie schon der Bajuware weiß, der seine Waden - möge es sich um stramme Waderl handeln - mit Waderlstrümpf warm hält. Bei uns Sportlingen sind sie kaum aus Wollstrick und liegen enger an, außerdem sagen wir Wadenlinge zu ihnen, an die sich, ein Stockwerk darüber, Knielinge anschließen. Noch weiter hinauf wird es etwas langweilig mit einer Hose für den Unterleib (plus Beinansatz), dann aber folgt der Leibwärmer. Ihn kannte ich ausschließlich aus Angorawolle in einer "Flauschigkeit", die mir das Material auch zum Entrosten von Autos tauglich erscheinen lässt. Woolpower bietet so etwas aus dem gewohnt komfortablen Material für den Bauch werdender Mütter.
Dazwischen bleiben wir - vorläufig - nackt, während es für den Schultergürtel etwas gibt, das wie kurze Ärmel mit Zwischensteg am Rücken aussieht. Keine Ahnung, wie man es nennt. Die Front bleibt dabei übrigens offen. Dafür kann man sich einen Halswärmer besorgen, im Prinzip ein Rollkragen mit vorne und hinten herunterhängendem Brust- bzw. Rückenschutz.
Um den Rumpf verlassen zu können, schreibe ich für seinen bislang noch ungeschützten Teil ein einfaches Wort: Weste.
Springen wir zu den Armen, die teilweise von Armlingen umhüllt werden. teilweise, denn oben haben wir dieses Schultergürteldings, weiter unten wären noch Handgelenke und Hände zu finden.
Selbstredend erfreuen wir uns über von Pulswärmern angenehm wärmegedämmte Handgelenke!
Handschuhe? Natürlich Fingerhandschuhe? Nicht unbedingt, wir zerlegen auch sie in fingerfreie, über die wir ein fausthandschuhartiges Säckchen klappen. Fingerlinge gibt es übrigens für medizinische Untersuchungen, unter sportlichem Blick geht das dann doch zu sehr ins Detail.
Muss ich erwähnen, dass sich an dieser Stelle zurück teilintegrieren lässt? Ich habe Fingerhandschuhe mit Klappsack gegen Wind und Regen, Armlinge mit Daumenlöchern und Armlinge mit Daumenlöchern und Klapphandschuhen!
Es bleibt der Kopf. Wenn wir auf eine Balaclava verzichten, die nicht nur viel zu integriert ist, sondern sich auch mit dem Halswärmer unzureichend verträgt, kombinieren wir eine Gesichtsmaske mit einer Mütze. So einfach ist das.
Wobei wir die Mütze noch in eine Kappe für den oberen Teil des Hauptes und ein Stirnband gegen kalte Ohren zerteilen könnten.
Ganz oder teilweise?
Diesseits von gesundheitlichen Sachzwängen (siehe ziemlich weit oben) ist das zur Gänze eine Frage der Umstände und persönlicher Vorlieben.
Praktisch ist's schon, wenn sich Körperregionen einzeln zu- und aufdecken lassen, ganz nach Komfortempfinden dort. Der Begriff "Komfortzone" kriegt auf diese Weise eine neue Facette.
Würden wir Menschen Fell tragen, sähen wir bei entsprechendem Fellbesatz aus wie geschorene Pudel.
Lieber Harald,
kommt mir vieles sehr bekannt vor, als ob ich auch schon……………
“ Ich habe Fingerhandschuhe mit Klappsack gegen Wind und Regen“ diese Teile habe ich heute beim Laufen mit Freude bei Regen und Wind getragen, eine tolle Erfindung, die man nur lobend erwähnen kann.
Eines steht jedenfalls fest: uns Läufern geht es gut, nicht nur, weil wir laufen, das seht sowieso außer Frage, sondern weil wir keinen Grund haben, über fehlende Accessoires zu klagen.
In diesem Sinne – was ziehe ich morgen an ?
Liebe Margitta,
diese Klappsackhandschuhe sind wirklich toll! Meine sind von Decathlon, und deine?
Uns geht’s in der Tat sehr gut, so viele Gelegenheiten, uns mit neuen Spielsachen zu versorgen…. 😉
Ciao,
Harald
Deiner Ausgangsthese („müssen wir Menschen unsere Blöße mit Kleidung bedecken“) möchte ich widersprechen.
Eigentlich brauchen wir keine Kleidung. Die Bewohner von Feuerland lebten nackt und ernährten sich von Meeresfrüchten, nach denen sie tauchten. Anschließend trockneten sie sich am Feuer. (Deswegen nannten die Seefahrer das Gebiet Feuerland, weil man Schiff aus die ganzen Feuer sah.)
Die Missionare brachten die „Eingeborenen“ dann dazu, ihre Blöße mit Kleidung zu verdecken. Daraufhin saßen diese in nassen Klamotten rum, erkälteten sich und starben reihenweise.
Quelle: Arved Fuchs, Im Faltboot um Kap Horn
Und wieder ein noch zu lesendes Buch auf meiner Liste! Danke für den Hinweis, doch bedenke, was geschähe, wenn wir das konsequent täten. Die CO2-Emissionen der Feuer, abgeholzte Wälder! Und an das unangenehme Gefühl beim Seilspringen mag ich gar nicht erst denken…. 😀
Ciao.
Harald