Eigentlichereien: der angekündigte Misserfolg

Vor dem Lauf ist die Zeit des Konjunktiv: Ich werde mein bestes Ergebnis gelaufen wären. Was sich wie ein verkorkster Satz liest, ist der Kern dessen, was manchen Läuflingen dann entschlüpft. Sie wissen genau, welche Umstände ein Topresultat würden verhindert haben.

Vor dem Lauf ist die Zeit des Konjunktiv: Ich werde mein bestes Ergebnis gelaufen wären. Was sich wie ein verkorkster Satz liest, ist der Kern dessen, was manchen Läuflingen dann entschlüpft. Sie wissen genau, welche Umstände ein Topresultat würden verhindert haben.

Der Konjunktiv ist wichtig.

Es könnte ja sein, dass eine persönliche Bestleistung herauskommt.
Und wenn nicht? Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Deshalb baut man vor, das erspart peinliche Fragen. Der angekündigte Misserfolg ist unsere Versicherung gegen unerwünschte Ergebnisse.

Mögliche Schadensfälle gibt es genug.

Das Wetter könnte nicht mitspielen – wobei damit keine Aussage darüber getroffen wird, welche Art Wetter denn ein gutes Wetter ist. Das weiss man immer erst hinterher. Falls beim Marathon endlich die Drei-Stunden-Marke fällt, ist alles in Ordnung. Aber wehe, die Uhr bleibt bei 3:04 stehen. Dann ist es gut, wenn man schon mal vorgesorgt hat: „ich habe ja gesagt: wenn bloß das Wetter passt.“

Eigentlich, sagen wir uns, eigentlich bin ich super.
Aber die Umstände!
Die Strecke könnte uns nicht ganz liegen. Bloß nicht zu konkret werden! Denn wenn „es“ dann doch klappt, setzen wir uns für den nächsten Lauf unter günstigen Bedingungen unter Druck.

Wie bügeln wir das ab? Ganz einfach: eigentlich (!) wären wir noch fünf Minuten früher ins Ziel gekommen. Mindestens.
Doch Vorsicht! Man kann sich schnell in ein Gespinst aus Widersprüchen verstricken. Denn wenn beim nächsten Mal ein Hemmnis wegfällt, muss er sich etwas Neues einfallen lassen.
Virtuosen im Spiel des angekündigten Misserfolgs gehen daher mit unerwarteten Erfolgen souveräner um: Sie verkünden rechtzeitig, dass sie sich unter Erfolgszwang sehen. Der setzt sie unter Druck und macht – vielleicht – langsamer. Eine ganz befreiende Form des Druckes, oder?

Ganz wichtig: immer an die Möglichkeitsform denken. Gelobt sei der Konjunktiv! Könnten wir einen Erfinder identifizieren, wir müssten ihm ein Denkmal setzen.

Zum angekündigten Misserfolgt gehört das Publikum, das seine Rolle wie einstudiert spielt. Auf einen Satz wie „eigentlich bin ich ganz fit, aber die Strecke ist ja auch eine der schwersten“, nicken wir, die Umstehenden, reflexartig, um mit ernstem Gesicht vorsorglich Trost zu spenden.

Das liegt im eigenen Interesse. Weil unsere Schuhe drücken manchmal komisch drücken. Wenn sie es nicht täten, würden wir morgen auch Bestzeit gelaufen wären.

5 Gedanken zu „Eigentlichereien: der angekündigte Misserfolg“

    1. Wahrlich, du hast mit deinem Kommentar das ganze Thema Motivation und mentales Gedöns auf den Punkt gebracht. Eigentlich. 😉

      Wenn man den Konjunktiv mit Hilfe des Konjunktivs beschreibt – kann man dann von rekursivem Konjunktiv reden?

  1. Der Titel sagt es: der Misserfolg ist angekündigt. Man muss an sich und sein Ziel glauben, sonst wird es nichts. Was aber nicht unbedingt heisst, dass man dieses Ziel nach außen kommunizieren muss. Denn das erzeugt tatsächlich Erklärungsbedarf, wenn es mal nicht klappt.
    Und wenn das Ziel verfehlt wurde (wie es mir kürzlich hier widerfuhr: http://daspulsmesser.blogspot.de/2013/09/st-hildanus-der-schutzpatron-der-laufer.html), kann man eine Ursachen-Analyse versuchen, darf aber nicht zu lange mit sich hadern. Auch das will gelernt sein.
    Aber wollen wir nicht alle irgendwann weg vom Leistungsdruck in unserem Hobby? Nagut, ich hab’s auch noch nicht geschafft.

  2. eigentlich
    aber
    wenn hätte
    wäre
    dann
    oh ja der Konjunktiv
    man muss sich nur auf eine Laufveranstaltung begeben
    aufmerksam die Ohren spitzen
    vor dem Ereignis wimmelt es von Konjunktiven
    aber erst danach
    und unter der Dusche
    was wäre gewesen wenn
    und hätte ich
    und wäre
    und überhaupt
    alleine deswegen lohnt es sich
    an manchen Veranstaltungen teilzunehmen
    wenn alles gut gelaufen wäre
    könnte man jetzt
    aber
    weil
    und
    sowieso
    ach ja
    ich mag den Konjunktiv
    was wären wir ohne ihn ?

    1. Du sagst es: was wären wir ohne den Konjunktiv? Wie arm wäre unsere Sprache – wenn wir den Konjunktiv nicht hätten, könnten wir nicht dieses Gespräch führen. 😉

      Klasse, dass du deinen unverwechselbaren Schreibstil sogar beim Kommentieren verwendest!

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