Das Ölen und Zen

“Verdammte Hitze”. Mit diesem Gedanken wache ich seit Tagen auf, denn es ist Hochsommer. Die Zeit, in der mir die Sonne schon am frühen morgen auf den…jedenfalls fühlt es sich an, als würde sie ihn mir versengen.

“Verdammte Hitze”. Mit diesem Gedanken wache ich seit Tagen auf, denn es ist Hochsommer. Die Zeit, in der mir die Sonne schon am frühen morgen auf den…jedenfalls fühlt es sich an, als würde sie ihn mir versengen. Ich stehe auf, um die Jalousien herunter zu lassen. Verdunkelung ist keineswegs nur in Kriegszeiten notwendig.

Mein Kreislauf und ich gehen in dieser Zeit getrennte Wege. Ich stehe auf, um mein Tagwerk zu verrichten, er bleibt im Bett. Abends geselle ich mich wieder zu ihm. Ob er sich darüber freut? Ich weiss nicht recht, er wirkt eher unbeteiligt. Vielleicht nimmt er mir übel, dass ich nicht im Kühlhaus übernachte. Zickiges Kerlchen, so ein Kreislauf. Wie gut, dass ich auch ohne ihn klarkomme.

“Scheiß Hitze”. Allein die Vorstellung, bei sengender Sonne Sport zu treiben, treibt mir den Schweiß auf die Stirn. Ich bin schon beim Anziehen erschöpft.
Wie heiß es ist? Keine Ahnung. So heiß jedenfalls, dass das Thermometer die Dreißig-Grad-Marke schon lange hinter sich gelassen hat. Im Rückspiegel kann es diese Marke vielleicht gerade noch erkennen. Aber ich weiss es wirklich nicht, denn schaue schon lange nicht mehr aufs Thermometer. Kann dessen flehenden Blick nicht ertragen, mit dem es mich um Schatten bittet.

Und die Schwitzerei. Alles ist klebrig, ölig. Die ganze Haut mit einer Schmierschicht überzogen. Kaum habe ich frische Klamotten an, sind sie nassgeschwitzt und ich verspüre den Drang sie zu wechseln. Ekelhaft.

Ich hoffe täglich auf ein Gewitter, mag die Show. Schwüle, dann ziehen Wolken auf, aus der Ferne lässt sich ein Grollen vernehmen. Wetterleuchten, Wind kommt auf. Dann das ganze Programm. Tags darauf ist die Luft gereinigt, es ist kühl.

Von wegen.

Kein Gewitter.

Stabile Wetterlage, hochsommerlicher Art.

Ich suche nach einer alternativen Formulierung für “die Sonne knallt unerbittlich…”. Mir kommt es vor, als würde seit Karl May keinem mehr was anderes einfallen als die Worte Sonne und unerbittlich in einen Satz zu packen, wenn es darum geht, Hitze zu beschreiben. Kara Ben Nemsi hat bei seinen Reisen, die ihn nicht nur durch die Wüste geführt haben, gewiss noch mehr Wärme abbekommen als wir hier.
Jetzt fällt mir etwas ein: “gnadenlos” wir auch gern genommen, damit bekommen wir Westernatmosphäre, wir erinnern uns an die alten Holywoodschinken, in denen es nie regnet. Staubfahnen hängen über der Prärie, der obligatorische Kugelbusch kullert hinterdrein. Und zwei Typen stehen einander gegenüber, belauern sich. Irgendwann schießt einer, der andere fällt. Zumindest dann, wenn’s der Böse ist. Die Guten treffen immer, ballern zwanzig Mal aus dem fünfschüssigen Revolver. Durst löschte man damals übrigens mit Whisky. Das waren noch Zeiten.
Damals, als die Sonne noch – nein, nicht “sang” – als sie noch sengte.
Sonne sengt von jeher, wahrscheinlich, weil sich aus dem Verb “sengen” mit dem Gestirn eine Alliteration basteln lässt. Die sengende Sonne.

Sengen, das tut sie.

Scheiß Hitze.

Es ist Sommer.

Ich komme vom Laufen zurück, der Körper glüht. Erfrische mich mit einem leckeren Mix aus ACE und Milch. Trockenes T-Shirt drüber, um einen gefühlten Hektoliter Schweiß aufzunehmen, damit nicht die ganze Wohnung geflutet wird.
Nach endlos langer Kühlphase springe ich kurz unter die Dusche, um mir kurz danach die Sinnfrage zu stellen. Wozu?
Ich öle wieder ein.

Die stickige Luft im Schlafzimmer kommt mir nicht mehr gar so übel vor, am nächsten Morgen kitzelt mich die Sonne wach. Der Tag verspricht wieder heiß zu werden.
Irgendwie bin ich munterer als noch vor einer Woche, nicht schon vom Aufstehen völlig platt, geschweige denn vom Laufen.

Ich muss grinsen, als ich mich für mein Kettlebelltraining aufwärme. Kalt sind die Muskeln wahrlich nicht. Erstaunlich: es ist heiß, ich schwitze wie sonstwas, halte aber mein Pensum ohne Weiteres durch.

“Ganz schön heiß heute”.

Die abendliche Laufrunde – immer noch weit über dreißig Grad – fällt etwas kürzer aus.

Kürzer und langsamer war geplant.

Es ist halt warm. Ich genieße die warme Luft auf meiner Haut, dank des Netzleibchens gibt es reichlich Kontaktfläche. Schweiß scheint mich zu überfluten, rinnt und fließt, badet mich. Klatschnasse Haare. Ich grinse mir eins und ziehe das Tempo an. Die Hitze alleine macht einen schon fertig, aber ein Tick kann ich noch draufgeben.
Nach dem Lauf klaube ich ein altes Shirt aus der Wäsche, setze mich auf ein Handtuch.
Heute mal kühles Wasser mit Holundersirup, den meine Tante “Hollersaft” nannte. In der Tat: Österreicherin.
Mit dem Glas in der Hand öle ich entspannt vor mich hin.

“Geiler Lauf, coole Hitze” *

Es ist Sommer.

Ein richtig schöner, heißer Sommer.

Im Sommer bin ich genauso leistungsfähig wie sonst, nur benötigt mein Leib einen Teil der Leistung dafür, mit der Hitze klarzukommen. Das tut er sehr gut.
Ich schwitze eben, wenn’s notwendig ist auch den ganzen Tag. Einen Satz wie “Ich mache mich mal frisch” kann ich in seiner Bedeutung erst richtig würdigen. Schön ist es, aus dem kühlen Nass zu steigen. Abtrocknen spare ich mir, zu schön ist die Kühle auf der Haut.
Noch vor einer Woche haderte ich mit jedem Grad, jedem Schweißtropfen. Jetzt denke ich nichtmal mehr dran.

Es ist, wie es ist.

Es ist Sommer.

* für das Wortspiel klopfe ich mir auf die Schultern: Coole Hitze. Ein Oxymoron.

7 Gedanken zu „Das Ölen und Zen“

  1. Ach wie schön, dass Du schlussendlich doch die Einstellung geändert hast. – am Anfang des Artikels war ich doch fast ein bisschen empört 😉 Nach diesem langen regnerischen Frühling bin ich froh, dass es endlich warm ist 🙂
    Liebe Grüsse
    Ariana

    1. Brauchst dich nicht echauffieren 😉
      Irgendwann hatte ich mich akklimatisiert, und außerdem: nehmen wie es kommt macht gute Laune! Auch wenn mir 20 Grad immer noch lieber sind als 35.
      Hab’ übrigens gerade mit meiner Kettlebell im Garten trainiert, ich werde heute nacht seeeehr tief schlafen!

      Liebe Grüße zurück,
      Harald

  2. Nichts zu danken, Ehre, wem Ehre gebührt, haben nicht schon andere diese Talente an dir entdecken können/dürfen ❓

    Ja, das mit dem Klick kenne ich schon, aber eingeschränkt, bei Hitze geht das nur bis 52 °, dann ist Schluss – ich sage nur Euerbach (52 ° in der Sonne, und da war auch kein Baum und kein Strauch, nur fleißige Helfer an jeder Ecke !!)

    Ja, dem Wetter ist das egal, auch das kenne ich – und auch beim Regen kann es ” klick ” machen, kennst du das auch ?

    Fragen über Fragen, kannst du noch folgen ? Kannst ja bei akutem Bedarf nochmal nachfragen – von wegen Hitze und so !! Ich bin ein sehr verständnisvoller Mensch, ja !

    1. O ja Euerbach….die berühmten Stellen…Klagemauer, Golanhöhe….du erinnerst dich bestimmt. 🙂
      52 Grad durfte ich dort aber noch nicht genießen.

      Den Klick beim Regen kenne ich gut, der ist schon fast eingebaut.

      Verständisvolle? Wie schön! Ein Mensch, der mich versteht.:-)

  3. Wieder einmal ein echter das-lauferei – unverkennbar. Ich hoffe sehr zu deinen Gunsten, dass du dein Schreib- und Zeichentalent auch beruflich verwertest, wäre schade, aber immerhin nutzt du diesen Blog, um dich sprachlich und auch zeichnerisch auszutoben.

    Ja, ja, die Hitze – da klingelt es in meinen Ohren, da war doch was, als dich fast die Hälfte meines Lebens in südwestlichen Regionen verbrachte. Hitze und Schweiß ohne Ende, klebrig, unangenehm, ungesund, unbefriedigend. Bleibt nur eins: sich zu arrangieren, und das tust du, zumindest schriftlich.

    Du hast mein vollstes Mitgefühl, halte durch !

    Dafür wage ich es kaum zu sagen: bin heute morgen im erfrischenden Regen gelaufen – pfui Deibel !! 😉

    1. Vielen herzlichen Dank. Ich arbeite am Verwertungsprojekt, möge mir Erfolg beschieden sein. 🙂

      Mir ging’s wirklich wir ich geschrieben hatte: irgendwann machte es “klick”, und mit der geänderten Haltung ging es besser. Kennst das ja: auch wenn wir Kühle bevorzugen, dem Wetter ist das egal.

      Bei Regen? Echt? brrrr, wurdest du etwa nass? 😉

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