Ein Wechsel der Perspektive

Was haben der Siebzigjährige, den Körper eines Fünfzigjährigen hat, die Achtzigjährige mit dem Körper der Dreißigjährigen und der sechzig Jahre alte Mensch im biologischen Alter von fünfundvierzig gemeinsam? Alle verkörpern die gleiche Einstellung zum Alter. Drehen wir den Spieß spaßeshalber um...  
Welche Einstellung zeigt sich denn in diesen scheinbaren Komplimenten? Eigentlich geht man von einem halbwegs konstanten Verfall des Körpers aus, der irgendwann einsetzt, und unaufhaltsam voranschreitet. Es sei denn, das Wunder geschieht: Der Mensch gebraucht seinen Leib, der dann, anders als der Geist und vor allem anders als von der Natur vorgesehen, langsamer altert. Wir, die wir Sport treiben, handeln also wider die Natur.
Sie dankt uns dieses mit einem "jüngeren" Körper.
Sollen wir das tatsächlich in dieser Form hinnehmen?
Ich sehe nunmehr den Moment gekommen, die Perspektive zu verändern. Dabei greife ich auf ein Wort zurück, das ich nicht ausstehen kann: Normal. Ich mag das Wort nicht, weil ich dabei daran denken muss, dass es Menschen einer Norm unterwerfen will. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - benutze ich es. Vielleicht kann dies idiotische Wort ausnahmsweise zu etwas nutze sein.
Normal ist keineswegs, nach Ausbildung, Studium, Familiengründung etc. auf der Couch zu verweilen, damit der Normleib norgmgerecht verfetten und verfallen kann. Es ist vielleicht häufig, aber eben nicht normal. Der Normalfall ist nämlich (wir erinnern uns an die veränderte Blickrichtung) ein körperlich und geistig aktives Leben. Nicht unbedingt Leistungssport, aber eben aktiv.
Es gibt tatsächlich Leute, die ein unbewegliches Dasein führen. Sofakartoffeln, Couch Potatoes oder Diwan-Döner könnte man sie nennen. Sie schaffen es nichtmal in den vierten Stock, ohne dreimal am Treppenabsatz zu verschnaufen, beim Schuhe zubinden brauchen sie einen Stuhl und das letzte Mal, dass sie durch Bewegung ins Schwitzen kamen, war beim letzten Umzug vor zwölf Jahren. Dies fiel zeitlich mit dem letzten angehobenen Gewicht von mehr als einer Einkaufstasche zusammen. 
 Das ist doch nicht normal! 
Wenn ich vom normal lebenden, gemeinen Sportling ausgehe, verfügen die oben angesprochenen Senioren über jeweils altersgerechte Körper von sechzig, achtzig oder fünfundneunzig Jahren.
Allerdings, und das ist die für weite Teile der Bevölkerung unangenehme Nachricht, gibt es viele Dreißig-, Vierzig- und Fünfundfünfzigjährige, deren Körper sechzig, siebzig oder neunzig Jahre alt sind.
Doch es gibt Hoffnung.
Man lebe altersgerecht!
Man sei aktiv!


4 Gedanken zu „Ein Wechsel der Perspektive“

  1. Lieber Harald,

    was Du mit dem von Dir so ungeliebten Wort normal beschreibst, war auch genau das: Normal, aber vor 200 Jahren und davor. Durch die zunehmenden Errungenschaften der Technik ist der Mensch von einem Wesen der Bewegung zu einem Wesen der Bequemlichkeit und fehlenden Belastbarkeit geworden.
    Deshalb sind die faulen und bequemen Menschen die nicht “Normalen” und auch eher die, die 10 oder 20 Jahre älter aussehen ?

    Salut und Danke für den Gedanken

    1. Lieber Christian,

      unter uns “Normalos” herrscht wohl weitgehend Einigkeit. Wobei ich mich frage, wie es kommt, dass die Bequemlichkeit (ich bin im Grunde meines Wesens auch eine faule Sau und kann ohne Weiteres einen Nachmittag bei Tee und Buch im Hängesessel zubringen) solch schädliche Ausmaße annimt…

      Gestern drehte ich übrigens eine längere Runde mit meinem neuen Gravel Bike. Da ist der nächste Artikel fällig. Das Ding macht Laune!

      Ciao,
      Harald

  2. Lieber Harald, du sprichst mir mal wieder aus der Seele ! Oft genug schwirren derartige Gedanken in meinem Kopf, da ich selbst nicht mehr die Jüngste bin und oft genug auf Altersgenossen stoße, die mir uralt erscheinen. In solchen Momenten klopfe ich mir selbst auf die Schulter und sage mir: alles richtig gemacht, und ich weiß genau, dass ich so sein möchte, wie ich bin. Darum bewege ich mich schon so lange ich denken kann, weil ich fühle, dass Bewegung gut tut, Bewegung Leben ist, Bewegung jung hält , Zufriedenheit, Ausgeglichenheit schenkt, so zumindest erlebe ich es seit gefühlten 100 Jahren !

    Und……….was mir auch noch sehr wichtig ist: ich habe versucht, dieses Denken und Handeln an meine Nachkömmlinge weiterzugeben – mit Erfolg !

    Ein Leben ohne Bewegung ? Nein DANKE !

    1. Liebe Margitta,

      great minds thinking alike oder wie? 😉 Ich beglückwünsche dich, dass du dein Denken an den Nachwuchs weitergeben konntest. Sie werden gesünder bleiben dadurch und nicht mit einem vorzeitig gealterten Leib leben.
      Leben ohne Bewegung, wenn es auch anders ginge? Neee!

      Ciao,
      Harald

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