{"id":699,"date":"2012-09-24T16:32:53","date_gmt":"2012-09-24T14:32:53","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=699"},"modified":"2012-09-27T12:53:54","modified_gmt":"2012-09-27T10:53:54","slug":"utmb-2012","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/utmb-2012\/","title":{"rendered":"UTMB 2012"},"content":{"rendered":"

Seit dem UTMB k\u00f6nnen Eskimos mir mit ihren 20 Begriffen f\u00fcr Schnee nicht mehr imponieren. Ich kenne mindestens genauso viele Arten von Matsch. Da gibt es beispielsweise den rutschigen Matsch, den fl\u00fcssigen Matsch, halbfl\u00fcssig oder z\u00e4h tropfend. Dann Matsch, der an den Schuhen zieht, und den, der an ihnen festh\u00e4ngt, um St\u00f6ckelschuhe zu bilden. Wir finden br\u00f6ckelingen Schlamm, und solchen, der von Pflanzenfasern durchsetzt ist. Kalter Glibber zeichnet sich durch ein symbiotisches Verh\u00e4ltnis zu Schneematsch aus, von dem er sich durch einen h\u00f6heren Erdanteil unterscheidet. Au\u00dferdem h\u00e4tten wir noch den Typ „aufgeweichte Wiese“. Genauso rutschig, nur dreckiger.<\/p>\n

Ein paar Tage zuvor hatte sich das Wetter noch von seiner besten Seite gezeigt: Blauer Himmel, Sonnenschein, mit maximal 20 Grad genau richtig, um ihn zu genie\u00dfen. Ihn, den Zauber der Berge, wie Luis Trenker es formuliert haben w\u00fcrde. Vielleicht hat er ja auch. Traumhaftes Wetter, jedenfalls bis es sich zwei Tage vor dem Start zusehends verschlechterte. Am Renntag zwang str\u00f6mender Regen den Veranstalter, die Strecke auf 104 km zu verk\u00fcrzen. Wobei der Grund hierf\u00fcr wohl weniger an dessen Mitleid mit uns armen L\u00e4uflingen lag, sondern schlicht darin, dass es die Bedingungen auf den P\u00e4ssen in rund 2500 m H\u00f6he aus Sicherheitsgr\u00fcnden nicht zulie\u00dfen, die Teilnehmer dr\u00fcber zu schicken. Bis zu 50 cm Neuschnee, Temperaturen um 0\u00b0C und heftiger Wind sprachen eine deutliche Sprache. Aber auch die Alternativroute hatte es in sich. Es regnete die ganze Nacht und den gr\u00f6\u00dften Teil des n\u00e4chsten Tages, viel w\u00e4rmer als gesch\u00e4tzte 5\u00b0 wird es nicht gewesen sein. Anders formuliert: ungem\u00fctlich. Sehr ungem\u00fctlich. Ungem\u00fctlich genug, um vier (vier!) Kleidungsschichten vorzuschreiben.<\/p>\n

Die meteorologischen Bedingungen hatten eine interessante Auswirkung auf des L\u00e4uflings Psyche. Jedenfalls auf meine. Schien es zun\u00e4chst, als w\u00fcrden die Temperaturen tags\u00fcber noch halbwegs warm, nahm ich dies zum Anlass, eine neue Dreivierteltight zu erstehen. So ziemlich das einzige Kleidungsst\u00fcck, das ich nicht dabei hatte. Eine neue, superleichte Regenjacke spendierte ich mir obendrein. Und am Renntag selbst noch eine Pelerine, angeblich atmungsaktiv, die auch meinen Rucksack trocken halten sollte. Nur unter Aufbietung meiner gesamten, ultragest\u00e4hlten Willenskraft gelang es mir, den sonstigen Verlockungen auf der Expo zu widerstehen. Ein Ansinnen, bei dem mir Autosuggestion ungemein half. Ich sagte permanent mein neues Mantra vor mich hin, welches da lautet „equipment alone won’t bring me home“.<\/p>\n

Hatte ich schon irgendwo erw\u00e4hnt, dass ich gerne bei ungem\u00fctlichem Wetter laufe? Nein? H\u00fcbsch eingepackt in Funktionsklamotten trabe ich frisch meines Weges, hoch erfreut \u00fcber k\u00fchle Temperaturen. Wisst ihr, dass ich kein Hitzel\u00e4ufer bin? Einzig die Begleiterscheinung „Matsch“ vermag die Freude etwas zu tr\u00fcben. Siehe erster Absatz. Au\u00dferdem waren nicht nur die Wetteraussichten, sondern auch die Aussicht eingeschr\u00e4nkt, denn viel zu sehen gab es infolge der Wolken und der hereinbrechenden Nacht nicht. Daf\u00fcr hatten wir Gelegenheit, uns an den Verpflegungsstellen reichlich zu laben. Mein pers\u00f6nliches Highlight hatte ich in La Balme, wo ich irgendwann des Nachts einen Kaffee begehrte. Ganz grob der Kontext: es war Nacht, dunkel, kalt, Regen, m\u00fcde, Wind. Und dann bekomme ich nicht nur Kaffee mit Zucker in meine hingehaltene Tasse geschenkt, eine nette Dame r\u00fchrte sogar f\u00fcr mich um! Das w\u00e4rmte Leib und Seele!<\/p>\n

A propos W\u00e4rme, Softshell-Handschuhe sollen ja das Wasser abweisen, mithin auch bei N\u00e4sse w\u00e4rmen. Ich durfte dies im Selbstversuch pr\u00fcfen. Ein, zwei Stunden m\u00f6gen sie die N\u00e4sse drau\u00dfen halten, nach vielleicht sechs Stunden sind die Teile komplett durchweicht, und ich bekam kalte Finger. Insofern ist es sinnvoll, wenn die Ausr\u00fcstungsliste wasserdichte<\/em> Handschuhe beinhaltet. Die Sp\u00fclhandschuhe brauchte ich letztlich nicht herauskramen, lange \u00c4rmel des Ponchos halfen auch. Trotzdem eine sehr aufschlussreiche Erfahrung, genau wie das Laufen in Nacht und Wolke nebst erquickender Kombination aus Niesel, Schnee- und richtigem Regen mit Stirnlampe. \u00c4hnlich freudvoll als w\u00fcrde man mit Fernlicht im Nebel fahren. Es bleibt entweder eine sehr devoter Blick kurz vor die F\u00fc\u00dfe, oder langsames Verr\u00fccktwerden ob des Anblicks von wirrwei\u00dfen Strichen auf dunkelgrauem Grund.<\/p>\n

Ach ja, bevor ich es v\u00f6llig vergesse: irgendwann sp\u00e4ter – es wurde schon wieder dunkel – kam ich ins Ziel. Und das verlangt nach einer Antwort auf die Frage, die mir seither schon oft gestellt wurde. Sinngem\u00e4\u00df lautet sie „bist du jetzt stolz, weil du ankamst – oder entt\u00e4uscht, weil es nur 104 km waren?“.
\nDiese beiden Stimmen sind es in der Tat, die mir im Kopf herumspuken. Klar bin ich stolz, dass ich jetzt „auch“ mit der Angeberweste des offiziellen UTMB Finishers umherlaufen darf. Ich freue mich, dass ich an einem wundersch\u00f6nen Lauf in einer herrlichen Gegend teilnahm, und nat\u00fcrlich spielen auch die Bedingungen eine Rolle, denn bei sch\u00f6nem Wetter kann ja jeder….
\nDem entgegen steht die k\u00fcrzere Strecke: 64 km und 3500 H\u00f6henmeter, vor allem eine weitere Nacht waren gerade die neue Herausforderung, um derentwillen ich nach Chamonix gereist war. Kurzum, es war hart, es war toll, ich bin froh und stolz. Und ich fahre nochmal hin!<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Seit dem UTMB k\u00f6nnen Eskimos mir mit ihren 20 Begriffen f\u00fcr Schnee nicht mehr imponieren. Ich kenne mindestens genauso viele Arten von Matsch. Da gibt es beispielsweise den rutschigen Matsch, den fl\u00fcssigen Matsch, halbfl\u00fcssig oder z\u00e4h tropfend. Dann Matsch, der an den Schuhen zieht, und den, der an ihnen festh\u00e4ngt, um St\u00f6ckelschuhe zu bilden. Wir … \u201eUTMB 2012\u201c<\/span> weiterlesen<\/a><\/p>\n","protected":false},"author":22,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[50],"tags":[79,78],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/699"}],"collection":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/22"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=699"}],"version-history":[{"count":8,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/699\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":707,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/699\/revisions\/707"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=699"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=699"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=699"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}