{"id":4078,"date":"2020-01-02T20:57:06","date_gmt":"2020-01-02T18:57:06","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=4078"},"modified":"2020-01-02T20:58:05","modified_gmt":"2020-01-02T18:58:05","slug":"wenn-der-stichtag-nicht-sticht","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/wenn-der-stichtag-nicht-sticht\/","title":{"rendered":"Wenn der Stichtag nicht sticht"},"content":{"rendered":"\n
Wir schreiben einstellige Daten Anfang des Jahres, was f\u00fcr viele Menschen gleichbedeutend ist mit  - hurra! - endlich umgesetzten Vors\u00e4tzen. Guten<\/em> Vors\u00e4tzen nat\u00fcrlich, die vor Monaten gefasst und nach langem, sehnsuchtsvollem Warten endlich gelebt werden d\u00fcrfen. Wie kommt eigentlich diese Verkrampftheit zustande? K\u00f6nnte man nicht sofort...?<\/pre>\n\n\n\n

Mythos erster januar<\/h4>\n\n\n\n
In den letzten Monaten eines jeden Jahres bietet sich dem aufmerksamen Zuh\u00f6rer ein erheiterndes Schauspiel: Menschen reden davon, dass sie ab dem ersten Januar<\/em> irgend etwas tun wollen. Sport zum Beispiel, das Rauchen aufh\u00f6ren, oder... Egal, wir bleiben beim Sport. Meistens liegt dieser Verlautbarung so eine grummelige Unzufriedenheit zugrunde, im Sinne von \"Ich bin zu dick, zu d\u00fcnn, zu kurzatmig.\", was den jeweiligen Menschen dazu bringt, Ver\u00e4nderung herbei zu w\u00fcnschen<\/em>. Als ob sich durch aktives W\u00fcnschen jemals etwas getan<\/em> h\u00e4tte. Den meisten Menschen ist dieser Umstand jedoch zumindest unterschwellig bewusst, und genau deshalb wurde ein magisches Duo erfunden - es sind dies der gute Vorsatz <\/em>und der erste Januar.<\/em> G\u00e4be es diese passiv-hoffende Unzufriedenheit nicht, w\u00fcrden wir keinen ersten Januar<\/em> haben, dessen bin ich ganz sicher.

An dieser Stelle muss ich mich erkl\u00e4ren, glaube ich. Nat\u00fcrlich w\u00fcrde das Jahr mit dem 1. Januar beginnen, irgendwo muss man schlie\u00dflich zu z\u00e4hlen anfangen. Aber wir h\u00e4tten nicht diesen ersten Januar<\/em>, also nicht so einen symbolhaften, der mit Bedeutung und vollzogenem Richtungswechsel aufgeladen ist. M\u00fcsste ich mir aussuchen, ein Tag im Jahr zu sein, ich w\u00fcrde dieses Datum nicht w\u00e4hlen. Dieser Erwartungsdruck!

Am ersten Tag des Jahres beginnt \u00fcbrigens die Zeit der W\u00f6chnerinnen und W\u00f6chner. Sie st\u00fcrzen sich hochmotiviert ins Fitnessstudio, woselbst sie in den folgenden zwei bis drei Wochen eifrig aktiv sind. Mindestens zwei, drei Mal w\u00f6chentlich wird gepumpt, gesprungen, gekniebeugt und auf dem Crosstrainer geschwitzt. Dann verdampft der Trainingsflei\u00df und der Schwei\u00dfstrom versiegt. Nicht von ungef\u00e4hr empfehlen sich Sportler gegenseitig, eine Regenerationspause in den Januar zu legen, wenn die Studios mit Neujahrsvorsatzw\u00f6chnern voll sind. Ab Februar ist dann wieder Platz.

Das Geile dabei ist, viele W\u00f6chner machen das j\u00e4hrlich. Alle Jahre wieder, brennt das Strohfeuer nieder.<\/pre>\n\n\n\n

Es setzt was. Vor.<\/h4>\n\n\n\n
Ach ja, die Vors\u00e4tze. Fest gefasst wie ein Diamant im Ring, und genauso statisch. W\u00fcrde wenigstens ein Funkeln zu sehen sein, dann k\u00f6nnte ein Funke \u00fcberspringen. So aber gibt es zu einem beliebigem Zeitpunkt die oben angesprochene Unzufriedenheit, die im Vorsatz - Verzeihung, im guten<\/em> Vorsatz m\u00fcndet. G\u00fcltig ab dem ersten Januar.

Nichts gegen Vors\u00e4tze, im Gegenteil! Wenn jemand einen neuen Weg einschlagen will muss dem ein Entschluss hierf\u00fcr vorangehen. Und wir wissen alle, dass ein Ziel mit einem Termin verkn\u00fcpft sein muss, damit das mit der Zielbindung besser klappt (vor allem l\u00e4sst sich dann kontrollieren, ob man es erreicht hat). Der Termin bezieht sich allerdings auf das Erreichen<\/em> des Ziels, nicht auf den Beginn der Arbeit an ihm.

Oops.

Ich sp\u00fcre, wie meine Hand meinen Kopf kratzt, weil ich zu verstehen versuche, was einen Menschen dazu bringt, zu sagen: \"Ab dem ersten Januar tue ich....\". Nehmen wir an, dieser Vorsatz wird Mitte September gefasst.

Wozu warten?

Wenn ich unterstelle, dass derjenige keine Bock auf die Aktivit\u00e4t hat - in unserem Beispiel: Keine Lust auf Sport - wieso dann \u00fcberhaupt der Entschluss, der bei n\u00e4herer Betrachtung keiner ist. Es fehlt die innere Bindung an Ziel und Weg ebenso wie die Ehrlichkeit sich einzugestehen, dass man keinen Sport treiben will. Also nimmt tut man so, als sei der erste Januar ein Meilenstein. Der Start eines Projekts. Dummerweise hat ein Projekt nicht nur einen Anfang, sondern auch ein Ende und ein klares Ergebnis, womit wir wieder beim Ziel w\u00e4ren, und das gibt's nicht, wie wir weiter oben gesehen haben. Neujahrsvors\u00e4tze sind demnach nichts weiter als mannigfaltige Varianten des Satzes \"Ich fange mal irgend etwas an, wei\u00df aber nicht so recht was und auch nicht wozu.<\/em>\"

Und die Warterei? Weshalb die Frist? Hinausschieben von etwas Negativem kann's nicht sein, denn in den meisten F\u00e4llen ist das Bed\u00fcrfnis nach Ver\u00e4nderung deutlich wahrnehmbar. Ein Hauch von Wollen inklusive. Doch scheint das nicht zu gen\u00fcgen, um ins Handeln zu kommen. Das ist schade und unverantwortlich.

Ein Vorsatz gilt, sobald er im Kopf ist.

Ein Vorsatz ist im Kopf, wenn der Mensch sich an etwas an sich selbst st\u00f6rt, er die M\u00f6glichkeit zur Ver\u00e4nderung hat und den Weg dorthin f\u00fcr sich sieht: Ich will kr\u00e4ftiger werden, das erreiche ich durch Sport.<\/em>

Worauf wartest du?<\/pre>\n\n\n\n

Zwei UN-dinge<\/h4>\n\n\n\n
Diese komische Vorsetzerei hat f\u00fcr mich zwei un<\/em>-gute Aspekte, sie ist unaufrichtig und unverantwortlich.

Es ist sich selbst gegen\u00fcber unaufrichtig, immer wieder mit Vors\u00e4tzen zu arbeiten, die nicht in dauerhafte Verhaltens\u00e4nderung m\u00fcnden. Gewohnheiten, es brauchen nichtmal liebgewonnene Gewohnheiten sein, zu \u00e4ndern, ist verdammt schwer. Noch schwerer ist es, sich Handlungen anzugew\u00f6hnen, von denen man nicht recht \u00fcberzeugt ist. Eigentlich will man ja keinen Sport treiben. An jedem Treppenabsatz verschnaufen zu m\u00fcssen, nervt andererseits auch. Wobei es im B\u00fcro zum Gl\u00fcck einen Aufzug gibt, die Wohnung liegt im Parterre. Eigentlich muss es nicht unbedingt sein. Eigentlich habe ich keine Lust auf Bewegung.

Dann sag dir das. Sieh erstens in den Spiegel, dir zweitens in die Augen und sprich das, was du wirklich denkst. Schmerzt dich die Medizin (Sport) mehr als die Situation (Geschnaufe)? Vergiss' den Vorsatz.

Indes gilt es meiner Ansicht nach an dieser Stelle die Verantwortung eines Menschen f\u00fcr sich selbst ins Feld zu f\u00fchren, wozu mir zwei Dimensionen einfallen. Jeder ist daf\u00fcr verantwortlich, seinen K\u00f6rper funktionsf\u00e4hig zu erhalten. Wohlgemerkt rede ich von funktionsf\u00e4hig, nicht von leistungsf\u00e4hig. Als sportlich aktivem Menschen f\u00e4llt es mir leicht, K\u00f6rper und Geist Leistung abzuverlangen, insofern brauche ich mich nicht allzu sehr mit inneren Widerst\u00e4nden auseinandersetzen. Nicht allzu sehr, denn ich habe auch mal keinen Bock, einen schlechten Tag und \u00dcbungen, die ich nicht mag. Aber das ist ein anderes Thema.

Aber ich denke, jeder Mensch ist seinem K\u00f6rper und Geist verpflichtet. Wer mir hier eine Spur von kantischem Pflichtethiker unterstellen will, mag das gerne tun, ich w\u00fcrde dankend l\u00e4cheln.
Ich will gar nicht \u00fcber Grade der Funktionsf\u00e4higkeit spekulieren, nicht den Versuch unternehmen, zu definieren, was \"man\" k\u00f6nnen muss. Ein schrecklicher Gedanke, ich finde das Wort sowieso d\u00e4mlich.

Au\u00dferdem brauche ich das nicht zu, weil derjenige, der mit eigener Unzufriedenheit den Grundstein des guten Vorsatzes gelegt hat, im gleichen Atemzug seine Verantwortlichkeit benennt.

Ein Vorsatz ist g\u00fcltig, sobald er im Kopf ist.<\/pre>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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