{"id":3572,"date":"2018-08-29T17:18:17","date_gmt":"2018-08-29T15:18:17","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=3572"},"modified":"2018-08-30T09:59:57","modified_gmt":"2018-08-30T07:59:57","slug":"jacke-wie-hose-von-der-zunehmenden-unlust-einzukaufen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/jacke-wie-hose-von-der-zunehmenden-unlust-einzukaufen\/","title":{"rendered":"Jacke wie Hose. Von der zunehmenden Unlust, einzukaufen."},"content":{"rendered":"

Outdoor- und Sportl\u00e4den, egal ob in der echten Welt oder im Internet, wirken auf mich wie Spielzeugl\u00e4den auf einen Achtj\u00e4hrigen. So viele tolle Dinge….! Es l\u00e4sst sich herrlich aus dem Vollen sch\u00f6pfen, Neuerungen und Gimmicks ansehen – au\u00dferdem gebe ich gerne zu, dass ich auf manche optische Reize (Ninja-Hoodies, Daumenl\u00f6cher,…) anspringe wie ein Kaninchenrammler auf…nun, ihr k\u00f6nnt es euch denken.<\/p>\n

Auch wartet der Schn\u00e4ppchenj\u00e4ger in mir darauf, dass man ihn wachkitzelt. Ein Faktum, das den meisten Shopbetreibern seit Jahren bewusst zu sein scheint, denn wie sollte es sonst sein, dass mir auf jeder (na gut: fast jeder) Seite beinahe immer ein SALE oder ein OUTLET entgegenblinkt. Manchmal macht sogar beides auf sich aufmerksam, was mich eher verwirrt, weil ich mich dann frage, worin der Unterschied zu sehen ist. Offline verh\u00e4lt es sich kaum anders, Angebote und radikale Reduzierungen bestimmen das Bild in einer Art, dass ich mich schon seit Jahren frage, ob man einen Quotenmenschen auslost, der als einziger den normalen Preis bezahlen muss. Zum Ausgleich winkt ihm nat\u00fcrlich ein Rabatt in H\u00f6he von mindestens f\u00fcnfundzwanzig Prozent, der ab einem Kauf von 80 Euro gilt. Lieferung frei Haus ab 49 Euro Warenkorbsumme.<\/p>\n

O du sch\u00f6ne Inspirationswelt voller Versuchungen!<\/p>\n

Herrliche Dinge!<\/p>\n

Ich bin verw\u00f6hnt. Mittlerweile sehe ich bei Hoodies zuerst darauf, wie die Kapuze montiert ist: Geht der Rei\u00dfverschluss weit genug hinauf, dass er den Hals abdeckt? Nein? Pech gehabt.<\/p>\n

Wieviel mehr Komfort, welch Zunahme an Vielfalt zu vertretbaren Preisen!<\/p>\n

Oder t\u00e4usche ich mich in allen diesen Punkten?<\/p>\n

Dies scheint der Fall zu sein, denn w\u00e4hrend ich vor geraumer Zeit noch gerne surfte, mir Schaufenster ansah, L\u00e4den betrat um zu schwelgen, mich inspirieren zu lassen und manchmal auch zu kaufen, bin ich heute dadurch verunsichert, dass meine Lust auf derlei Zeitvertreib zu welken scheint.<\/p>\n

Wie war das? Mehr Komfort, Vielfalt und das auch noch g\u00fcnstig?<\/p>\n

Ich beginne mit dem letzten Punkt, nachdem ich Nabelschau betrieben habe. Ich habe es mir zum Prinzip gemacht, mich bei Unbehagen zun\u00e4chst selbst zu betrachten; mich zu fragen, ob ich mich ver\u00e4ndert habe. Und in der Tat nenne ich mich saturiert. Ich brauche nichts – nicht in dem Sinne, dass ich meinen Sport nackt, oder sonstwie ungesch\u00fctzt betreiben m\u00fcsste. Auch im Alltag fehlt es mir an nichts. Alles, was Begehrlichkeiten ausl\u00f6st, w\u00e4re Luxus, das, was neudeutsch nice to have<\/em> hei\u00dft. Sch\u00f6n und gut, das krafttrainingsbedinge Wachstum an Beinen, Hintern und Oberk\u00f6rper verlangt Neuk\u00e4ufe in gr\u00f6\u00dferen Gr\u00f6\u00dfen, aber davon rede ich nicht. Ich rede von den Gegenst\u00e4nden, die mich ehedem verz\u00fcckten. Leibchen mit Daumenl\u00f6chern, „Ninja Hoodies“ und Laufhosen mit Taschen. Ich habe das alles.<\/p>\n

Zudem habe anscheinend dazugelernt, meine Erfahrungen mit Gimmicks gemacht, die mich heute sagen l\u00e4sst: Nettes Teil, h\u00e4tte ich damals gewusst, was ich heute wei\u00df, w\u00fcrde ich es mir nicht gekauft haben.<\/p>\n

Was soll ich auch mit der f\u00fcnften Jacke f\u00fcr \u00e4hnliche Wetterbedingungen, der dritten Stirnlampe und einem weiteren Trinkrucksack?<\/p>\n

Ich stelle fest, dass ich nichts brauche. Schon dies alleine macht es f\u00fcr mich erkl\u00e4rbar, wenn mich nur noch wenig hinter dem Ofen hervorzulocken vermag.<\/p>\n

Dazu kommt, dass das Kano-Modell voll zuschl\u00e4gt. Was mich ehedem zu begeistern vermochte, setze ich mittlerweile als Standard voraus. Obendrein macht sich Langeweile quer \u00fcber s\u00e4mtliche Marken hinweg breit. Fetzig gestaltete Klamotten, vor ein paar Jahren nur bei Montura zu bekommen, gibt es, \u00e4hnlich aussehend, heute bei wenigstens drei, vier weiteren Herstellern. Darin zeigt sich ein typisches Ph\u00e4nomen vieler M\u00e4rkte: Tut sich eine Marke mit einer Besonderheit hervor und ist darin erfolgreich, springt die weniger einfallsreiche Konkurrenz schnell auf den Zug auf. Die Damen und Herren Produktmanager k\u00f6nnen einem bei soviel Tempo beinahe leidtun.<\/p>\n

Beinahe, wohlgemerkt.<\/p>\n

Denn durch die Kopiererei erweitert sich der Mainstream, und Unterscheidungsmerkmale werden oft zu kurzfristigen, schnell verblassenden Effekten. Dadurch stellt sich ein Gef\u00fchl der S\u00e4ttigung ein und die ehedem wahrgenommene Vielfalt weicht vielfacher Einfalt.<\/p>\n

Verm\u00f6gen mich Produkte also kaum zu begeistern, schaffen es die Shops noch weniger. Da wird ernsthaft eine Preissenkung von 107,90 Euro als 107,80 Euro unter den Angeboten gelistet. Mir ist bewusst, dass dahinter kein Mensch sitzt, der sich einen Spa\u00df erlaubt, sondern ein simpler Vergleich zweier Zahlenwerte: Wenn Zahl A kleiner ist als Zahl B, so gibt Zahl B aus, und das als Sonderangebot deutlich herausgestellt.<\/em> Mathematisch ein korrekter Vorgang, ist das Ergebnis dem Benutzer trotzdem l\u00e4stig – und so frage ich mich, ob das dem Shopbetreiber klar ist.<\/p>\n

Solch kleine Nerverei w\u00e4re halb so wild, wenn denn wenigstens die Filter funktionieren w\u00fcrden. Manch ein Shop schafft es tats\u00e4chlich, bei unterschiedlicher Reihenfolge des Filter setzens das alte Ergebnis zu l\u00f6schen. Bekleidung, Gr\u00f6\u00dfe L<\/em> und dann auf Herren <\/em>f\u00fchrt dazu, dass nur noch der Herrenfilter gilt. Ich darf also neu nach Bekleidung und Gr\u00f6\u00dfe L filtern. Habe ich Lust dazu? Nein, das habe ich nicht.<\/p>\n

Daf\u00fcr enth\u00e4lt die Ergebnisliste s\u00e4mtliche Farbvarianten als jeweils einzelnen Treffer. Mir pers\u00f6nlich w\u00e4re eine Modellauswahl lieber, die Farbe kann ich am Objekt immer noch ansehen – und man erz\u00e4hle mir nichts vom Farbfilter. Ich interessiere mich beispielsweise f\u00fcr Laufshirts, ob es dann eins in blau, rot, schwarz oder gr\u00fcn wird, ist mir per se egal. Was ich nicht suche, ist das Laufshirt in gelb<\/em>. Aber was soll’s, das gew\u00fcnschte Shirt gibt es im meiner Gr\u00f6\u00dfe eh‘ nicht – Gr\u00f6\u00dfenfilter hin oder her. Zum Ausgleich bietet mir die Trefferliste eines anderen Shops trotz Herrenfilter ein Damenbustier. Das ist nett gemeint, aber ich verzichte dankend. Meine K\u00f6rbchengr\u00f6\u00dfe bedarf keines Bustiers.<\/p>\n

Hosen scheiden ohne Anprobieren \u00fcbrigens v\u00f6llig aus, es sei denn, ich wollte das Spiel, bestehend aus Bestellen, Probieren und R\u00fccksenden spielen. Dieser Zeitvertreib ist manchmal ganz nett, und speziell dann zwingend geboten, wenn ich nicht von vorherigen K\u00e4ufen dieser Marke wei\u00df, welche Gr\u00f6\u00dfe mir passt, aber es muss ja nicht sein. Au\u00dferdem gibt es ja noch den station\u00e4ren Handel, den, wie ich oft lese und h\u00f6re, meiner Umsatz bringenden Unterst\u00fctzung bedarf, um mir Beratungskompetenz, Auswahl und waswei\u00dfichnoch auch zuk\u00fcnftig bieten zu k\u00f6nnen. Man verspricht ein befriedigendes Einkaufserlebnis, welches meine Augen gl\u00fccklich strahlen lassen soll. Ein Versprechen, das leider nicht gehalten wird. Zun\u00e4chst muss ich die H\u00fcrde aus An- und Abreise und Parken \u00fcberspringen – um dann festzustellen, dass die Auswahl h\u00f6chst eingeschr\u00e4nkt ist, ausgefallenere Artikel, sofern \u00fcberhaupt bekannt, nicht bestellt werden k\u00f6nnen oder wollen. Weder f\u00fcr gute Worte, noch f\u00fcr Geld. Somit ist der station\u00e4re Handel keine Alternative, die ich auf der Suche nach Zufriedenheit in Betracht ziehe.<\/p>\n

Bedarfsdeckung geht \u00fcberall, nur rede ich von etwas anderem. Etwas, das ich Anregung <\/em>nenne.<\/p>\n

Was sie betrifft, setze ich eine vage Hoffnung auf Konzepte wie b8ta<\/a>. Deren L\u00e4den sind nur zum Anfassen gedacht, kaufen wird der Kunde anderswo. Derzeit – meines Wissens – gibt es dort keine Klamotten, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Das Risiko sehe ich f\u00fcr Leute wie mich darin, dass ein solcher Laden dann auch nur die g\u00e4ngigen Marken hat, oder, schlimmer noch, einen \u00e4hnlichen Weg wie ebay geht, das mittlerweile zur Vertriebsplattform von professionellen H\u00e4ndlern geworden ist. Wenn b8ta-\u00e4hnliche Ans\u00e4tze ihre Ladenfl\u00e4che an gro\u00dfe Labels vermieten, eine aus gesch\u00e4ftlicher Sicht zweifellos sinnvolle Strategie, ist das Konzept aus dem Blickwinkel von jemandem, der ein breites Angebot w\u00fcnscht, mausetot.<\/p>\n

Und wie sieht nun mein Fazit aus?<\/p>\n

Die schlechte Nachricht w\u00e4re, dass mich weder das g\u00e4ngige Angebot, und schon gar nicht die Webshops zu begeistern verm\u00f6gen. Ein „mehr desselben“ ist nur selten toll – und schon gar nicht, wenn es nachl\u00e4ssig dargeboten wird.<\/p>\n

Die gute Nachricht? Ich brauche nichts. Damit bin ich zufrieden.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Outdoor- und Sportl\u00e4den, egal ob in der echten Welt oder im Internet, wirken auf mich wie Spielzeugl\u00e4den auf einen Achtj\u00e4hrigen. So viele tolle Dinge….! Besonders online l\u00e4sst sich herrlich aus dem Vollen sch\u00f6pfen, Neuerungen und Gimmicks ansehen. Nat\u00fcrlich wartet auch der Schn\u00e4ppchenj\u00e4ger in mir darauf, dass man ihn wachkitzelt. In letzter Zeit scheint meine Lust auf derlei Zeitvertreib zu welken…<\/p>\n","protected":false},"author":22,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[1],"tags":[198,344,347,346,345],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3572"}],"collection":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/22"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=3572"}],"version-history":[{"count":11,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3572\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":3583,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3572\/revisions\/3583"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=3572"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=3572"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=3572"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}