{"id":3416,"date":"2017-04-24T15:02:34","date_gmt":"2017-04-24T13:02:34","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=3416"},"modified":"2017-04-24T15:02:34","modified_gmt":"2017-04-24T13:02:34","slug":"aussentemperaturgefuehrt","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/aussentemperaturgefuehrt\/","title":{"rendered":"Au\u00dfentemperaturgef\u00fchrt"},"content":{"rendered":"

Kennt ihr diese „au\u00dfentemperaturgef\u00fchrten“ Heizungen? Wird es drau\u00dfen w\u00e4rmer, regelt solch ein Ger\u00e4t die Wassertemperatur von selbst herunter. Scheinbar absurd, denn wen interessiert es schon, ob es drau\u00dfen warm ist, wenn er drinnen friert.
\nDoch manchmal ticken wir Sportlinge \u00e4hnlich, womit wir uns selbst ein Bein stellen.<\/p>\n

Vielleicht sollte ich zun\u00e4chst eine Lanze f\u00fcr die Heizungstechnik brechen, bevor sich der Eindruck verfestigt, ich br\u00e4che den Stab \u00fcber sie. Wenn’s drau\u00dfen w\u00e4rmer wird, k\u00f6nnte man die Vorlauftemperatur der Heizanlage senken – \u00e4hnlich wie bei der Nachtabsenkung auch. Alternativ dazu lie\u00dfe sich ein Raum in der Wohnung zum Referenzraum bef\u00f6rdern: er entscheidet \u00fcber hohe oder abgesenkte Temperatur des Heizungswassers. Aber ich bleibe bei der Au\u00dfentemperatur als Steuerungsgr\u00f6\u00dfe. Von der technischen Seite her ist das Konzept f\u00fcr mich nachvollziehbar, vor allem dann, wenn Dummheiten vermieden werden, wie den Temperatursensor an einer sonnenbestrahlten Stelle zu montieren. Dennoch bleibt nicht nur emotional, sondern auch technisch ein Zweifel. So eine leise Stimme, die mich darauf hinweist, dass mich die Temperatur drau\u00dfen nur bedingt k\u00fcmmert, wenn ich drinnen in der – m\u00f6glicherweise eben keinesfalls warmen – Stube sitze.<\/p>\n

Ich richte meinen Blick nach au\u00dfen in der Annahme, er g\u00e4be den inneren Zustand korrekt wieder.<\/p>\n

Das kommt mir bekannt vor.<\/p>\n

Schmerzlich bekannt.<\/p>\n

Sch\u00e4ndlich gar.<\/p>\n

F\u00e4llt mir doch spontan ein Lauf (nicht nur einer…) ein, der mich in die au\u00dfentemperaturgef\u00fchrte Falle hat tappen lassen. Oder, abstrakter: ich habe mich an irgendwelchen d\u00e4mlichen Vorgaben, an Zahlen orientiert, statt mich von meinem inneren Zustand leiten zu lassen.
\nKonkret hatte ich mir beim 24-Stunden-Lauf einen bestimmten Schnitt vorgenommen (ja, ich wei\u00df…). Dummerweise stieg die Au\u00dfentemperatur (sic!) auf \u00fcber drei\u00dfig Grad. Ich strengte mich an, den Schnitt zu halten (ja, ich wei\u00df…), in der Hoffnung, die Hitze w\u00fcrde nicht allzu lange anhalten (ja, ich wei\u00df…). Und so weiter. H\u00e4tte ich (ja, ich wei\u00df..) meinen inneren Zustand konsequent verarbeitet, der Lauf w\u00e4re viel sch\u00f6ner gewesen. Und, glaubt mir, ich habe die ganze Zeit gemerkt, dass mir hei\u00df war. Ein Jahr drauf bin ich in der hei\u00dfen Phase deutlich langsamer unterwegs gewesen. Bin schlie\u00dflich lernf\u00e4hig!<\/p>\n

Das Hitzebeispiel ist allerdings nur eines von vielen m\u00f6glichen, ich will gar nicht zu sehr darauf herumreiten. Vergessen wir deshalb die Temperatur, um wieder zu abstrahieren.
\nDort drau\u00dfen<\/em> gibt es noch viele Einfl\u00fcsse, mit denen wir uns selbst leiten – oder in die Irre f\u00fchren lassen.<\/p>\n

Da gibt es diese sch\u00f6nen Tage, k\u00fchl und doch nicht kalt, mit herrlichem Sonnenschein. Und dennoch frieren oder schwitzen wir. Wie kann das sein, es hat doch nur (beliebige Temperatur einsetzen) Grad? Gewiss habt ihr bemerkt, dass es doch noch um W\u00e4rme geht. Oder ihre Abwesenheit. Allerdings nicht nur darum, auch nicht um Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen, sondern auch um das, was wir als Tagesform kennen. Das eigene Empfinden richtet sich eben nicht nach dem Thermometer. Eine simple Erkenntnis, die offenkundig das Begriffsverm\u00f6gen vieler Armeen \u00fcbersteigt. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erkl\u00e4ren, wie Sommer <\/em>befohlen werden k\u00f6nnte.<\/p>\n

Im \u00dcbrigen wird der gemeine Sportling h\u00e4ufig geneigt sein, seinen Trainingsplan als unumst\u00f6\u00dfliches Gebot anzusehen. Wenn’s nicht so schwer w\u00e4re, man w\u00fcrde L\u00e4uflinge Marmortafeln anstelle von Smartphones schleppen lassen, in die Tempi, Distanzen und Ziel-Herzfrequenz mit g\u00fcldenen Lettern einlassen sind. Die \u00c4nlichkeit mit Grabsteinen kommt hier nicht von ungef\u00e4hr.<\/p>\n

Still und starr ruht der Plan.<\/p>\n

Allerdings, und das ist die Kehrseite der Medaille, sind K\u00f6rper und Geist wahrhaft trickreiche Wesen. Im Team verb\u00fcnden sie sich manchmal zum Schaden des Sportlings, denn so wie sich \u00fcbertriebener Ehrgeiz und starres Festhalten am Plan manchmal in Verletzungen niederschlagen – woraufhin der Sportling zu Recht niedergeschlagen ist, sorgen sie im umgekehrten Fall in trauter Einigkeit f\u00fcr ein Zuwenig an Sport.<\/p>\n

Bei mir sind es hochintensive Intervalle, die manchmal dieses „Huch, ich strenge mich an! Ich will mich nicht anstrengen! Ich brauche Pause! Jetzt!“ ausl\u00f6sen. F\u00e4llt euch die Steigerung im Zitat auf? Von der Realisation, dass ich mich anstrenge, f\u00fchrt der Weg in direkter Folge zum Drang nach Pause. So weit, so normal. Ziemlich normal.<\/p>\n

Da ist es nat\u00fcrlich der Kopf, der mich dann weitermachen l\u00e4sst. Oder auch nicht.<\/p>\n

Denn das Hirn ist manchmal ein kleiner fauler Sack. Da wird ein Zipperlein des inneren Zustands, den zu beobachten ich oben gefordert habe, schnell zur dr\u00e4uenden Unbill, die nat\u00fcrlich nur durch sofortige Pause abgewendet werden kann. So ein kleiner Sack, dieses Hirn.
\nDas w\u00e4re dann eine Situation, in der es (das Hirn) sich m\u00fcnchhausenartig am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen muss.<\/p>\n

Und wie?<\/p>\n

Durch den Blick nach drau\u00dfen!<\/p>\n

Es ist nicht einfach.<\/p>\n

Aber, wie der Volksmund wei\u00df: w\u00e4re es einfach, w\u00fcrde es Fu\u00dfball hei\u00dfen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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