Begibt man sich heutzutage nach drau\u00dfen, um der Bewegung an frischer Luft zu fr\u00f6nen, ist man unweigerlich gef\u00e4hrdet.
\nEine sehr reale Gefahr, die, sofern man Medienberichten glauben darf, im direkten Kontakt mit Feinden besteht.<\/p>\n
Obgleich kein eifriger Medienkonsument, brauche ich mich kaum anstrengen, um ad hoc eine Handvoll liebevoll aufgebauter Feindbilder zu erinnern. Selbst wenn nur ein Bruchteil davon zutr\u00e4fe, herrschte in unseren W\u00e4ldern mehr Feindseligkeit als damals im Teutoburger Wald, als Arminius des C\u00e4sars Legionen den Garaus machte.<\/p>\n
Feinde, in trauter Gegnerschaft vereint.<\/p>\n
Wanderer zum Beispiel hassen Mountainbiker. Die wiederum k\u00f6nnen L\u00e4uflinge nicht ausstehen, welche ihrerseits einen \u00fcblen Hass auf Nordische Walker versp\u00fcren. Wer nordisch walkt, tut dies mit einem furchtbaren Groll Spazierg\u00e4ngern gegen\u00fcber, und jene m\u00f6gen Hunde nicht. Ihre Frau- und Herrchen noch weniger. Hundegassig\u00e4nger hassen Forstarbeiter, die, und hier schlie\u00dft sich der Kreis, Wanderer am liebsten an einem noch ungef\u00e4llten Baum aufkn\u00fcpfen w\u00fcrden.<\/p>\n
Seltene Einigkeit herrscht J\u00e4gern gegen\u00fcber: alle hassen J\u00e4ger.<\/p>\n
Das geh\u00f6rt sich so.<\/p>\n
Ist politisch opportun.<\/p>\n
Wobei J\u00e4ger zu ihrem Gl\u00fcck meist im Morgengrauen unterwegs sind, selten am Sonntag Nachmittag.<\/p>\n
Davon abgesehen ist Krieg in der Natur.<\/p>\n
Der Kriegssschauplatz „Wald“ zeichnet sich, so d\u00fcrfen wir immer wieder lesen, durch z\u00e4hnefletschendes Gegeneinander aller in ihm unterwegs seienden Gruppierungen aus. Lustige Wandersleut‘ machen sich einen Spa\u00df daraus, einem jeden Mountainbiker den Wanderstab in die Speichen zu stecken. Es soll sogar schon Wettbewerbe f\u00fcr den sch\u00f6nsten Abflug geben, der Sieger darf sich eine Kerbe in den Stock schnitzen.
\nDer gemeine Bergradler hingegen prescht mit Vorliebe in dahinspazierende Gruppen hinein, und freut sich, weil diese so lustig beiseite spritzen.
\nUnd wer w\u00fcrde einem Hundebesitzer ver\u00fcbeln, wenn er seinem vierbeinigen Liebling gestattet, sich ein St\u00fcck wohltr\u00e4nierten L\u00e4uflingshintern aus ebenjenem herauszubei\u00dfen. Frischer geht’s nicht, und es schont die Haushaltskasse.
\nWeil der betroffnene L\u00e4ufling solch artgerechter Form h\u00fcndischer Nahrungsaufnahme in der Regel wenig Sympathie entgegenbringt, folgt dem Biss ein Schrei. Dieser st\u00f6rt den Meditierenden bei seiner innigen Umarmung eines Baumes, wodurch auch dieser zu hassen beginnt.<\/p>\n
Der Umarmende, nicht der Baum.<\/p>\n
Dem Baum ist das egal.<\/p>\n
Eine Spirale von Hass und Gewalt ist der medial transportierte Eindruck. Nun will ich die \u00f6ffentliche Darstellung, noch weniger die ebensolche Meinung keineswegs der Hysterie bezichtigen, deshalb formuliere ich mit Bedacht: dieser Eindruck deckt sich nicht mit meinen Beobachtungen. Man mag mich vertrauensselig, gar naiv schelten, doch gehe ich meist unbewaffnet nach drau\u00dfen.<\/p>\n
Auch heute.<\/p>\n
Ich begab mich auf eine Hrunde <\/em>in den Hodenwald<\/em>. Eigentlich war es eine schn\u00f6de Runde <\/em>im Odenwald<\/em>, ich wollte blo\u00df nicht auf den Kalauer verzichten. „Hodenwald“, alles klar? Echter Schenkelklopfer! Schenkel klopfen lockert Verh\u00e4rtungen. In den Beinmuskeln. „Verh\u00e4rtungen“, noch so’n Ding. Wenn ich mich dem Niveau der Scherze ann\u00e4hern wollte, m\u00fcsste ich graben.<\/p>\n Lassen wir das, zur\u00fcck zum Geschehen.<\/p>\n Auf einem wundersch\u00f6nen Single-Trail, den ich hinan lief, kamen mir zwei Bergradler entgegen. Langsam wie ich war, trat ich beiseite, um sie passieren zu lassen. „Danke“ klang mir entgegen, was ich mit einem freundlichen „Bitte“ vergolt. „Viel Spa\u00df noch“ h\u00f6rte ich vom zweiten Radler. So verging manche Stund‘ im Walde mit L\u00e4cheln, Gr\u00fc\u00dfen und D\u00e4nken. Keine Feinde, weder zu mir, noch untereinander. Von Feindbild keine Spur, nicht einmal das Bild eines Feindes.<\/p>\n Ich muss in einer Parallelwelt unterwegs gewesen sein.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Sobald man sich aus dem Haus begibt – etwa, um zu laufen – ist man von Feindbildern umringt: Wanderer hassen Mountainbiker, diese wiederum L\u00e4ufer, welche ihrerseits die Walker verachten. Heute muss ich in einer Parallelwelt unterwegs gewesen sein.<\/p>\n","protected":false},"author":22,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[1],"tags":[6],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2411"}],"collection":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/22"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2411"}],"version-history":[{"count":18,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2411\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2430,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2411\/revisions\/2430"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2411"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=2411"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2411"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
\nKurz darauf war es an mir, „Danke“ zu sagen, als eine weitere Gruppe Mountainbiker angesichts meiner N\u00e4he auf den Genuss eines Sprungh\u00fcgels verzichtete – war recht eng f\u00fcr Akrobatik und L\u00e4ufling.
\nFrohgemut lief ich weiter, begegnete einem Frauchen mit Hund. Ein h\u00fcbscher Hund, gro\u00df und wuschelig, wie ich ihn mir an kalten Winterabenden als Fu\u00dfw\u00e4rmer vorstelle. Sie nahm den Winterhund beiseite, um das von mir l\u00e4chelnd ge\u00e4u\u00dferte „Hallo“ zu erwidern.<\/p>\n