{"id":2187,"date":"2014-01-19T10:37:04","date_gmt":"2014-01-19T08:37:04","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=2187"},"modified":"2014-01-16T16:37:33","modified_gmt":"2014-01-16T14:37:33","slug":"kommaeaerz","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/kommaeaerz\/","title":{"rendered":"Komm\u00e4\u00e4rz!"},"content":{"rendered":"

Ich liebe diese unsere heutige Steinzeit. <\/p>\n

Nein, ich bin keineswegs verr\u00fcckt geworden, nicht mehr jedenfalls, als serienm\u00e4\u00dfig in mich verbaut wurde. Auch mein Kalender geht nicht nach. <\/p>\n

Doch ich erkenne, wie wir ein seit Jahrtausenden bew\u00e4hrtes Werkzeug noch immer frohgemut einsetzen: Die Keule. Egal wor\u00fcber geredet wird, eine passende argumentative Keule ist zur Hand. <\/p>\n

Die Kommerzkeule <\/strong>zum Beispiel. <\/p>\n

Wir d\u00fcrfen wir uns ihren Gebrauch vorstellen?<\/p>\n

Angenommen, einige Menschen sitzen in gem\u00fctlicher Runde beisammen. Nehmen wir zudem an, es handele sich dabei um L\u00e4uflinge. Fr\u00fcher oder sp\u00e4ter kommt das Gespr\u00e4ch unweigerlich auf Laufveranstaltungen. Geplante, bew\u00e4ltigte, abgebrochene L\u00e4ufe. Heldentaten fr\u00fcherer Jahre. Lieblingsl\u00e4ufe. <\/p>\n

Dann schl\u00e4gt sie zu. Die Keule. <\/p>\n

„Ist ziemlich kommerziell geworden.“<\/p>\n

Kommerziell?<\/p>\n

Das W\u00f6rterbuch definiert Kommerz als Aktivit\u00e4t, die mit der Absicht auf Gewinn betrieben wird. An sich nicht verwerflich, oder?<\/p>\n

Doch halt! Bleibt da nicht der Idealismus auf der Strecke? Ich bin ja auch einer von denen, die hehren Idealen nachh\u00e4ngen. Bilde ich mir jedenfalls ein. Teilweise.<\/p>\n

So frage ich mich, ganz der Idealist: gef\u00e4hrdet Gewinnstreben den Idealismus? Und wenn ich beim Laufen bleibe: wann ist ein Lauf denn kommerziell? Obendrein lohnt es meiner Ansicht nach, dar\u00fcber nachzudenken, ob ein kommerzieller Lauf ein f\u00fcr uns L\u00e4uflinge guter Lauf sein kann. <\/p>\n

Mir scheint, irgendwie l\u00e4uft es darauf hinaus, dass Kommerz nerven kann – aber nicht muss. <\/p>\n

Meistens beginnt der Abstieg in die verruchte Welt des Mammon ganz harmlos. In die heile Welt des am Orte praktizierten Ideals platzt, sagen wir: der \u00f6rtliche B\u00e4ckermeister. Seines Zeichens wohlbeleibt, doch sportbegeistert, schl\u00e4gt er vor, im Ziel eine Ladung Laugenbrezeln zu deponieren. Sie m\u00f6gen, so sagt er, den ausgemergelten Leibern zur Labsal dienen.<\/p>\n

Was der wackere Handwerksmann nicht bedacht hat: er setzt damit einen Teufelskreis zur Abh\u00e4ngigkeit vom Geld in Gang, der genau so endet wie man es von einer anst\u00e4ndigen Drogenkarriere erwartet: in der Gosse. <\/p>\n

Das ist keine Metapher. <\/p>\n

Denn nach einem gr\u00f6\u00dferen Kommerzlauf ist selbige meist gef\u00fcllt mit Prospekten, Plastikbechern und verschiedenen anderen Devotionalien des Hauptsponsors. <\/p>\n

Welch wundersame Metamorphose! Ehedem noch unschuldiges Treffen einiger weniger L\u00e4uflinge, befinden wir uns mitten in Goethes Ausspruch: „zum Gelde dr\u00e4ngt, am Gelde h\u00e4ngt doch alles.“ Es dr\u00e4ngen meist die L\u00e4uflinge am Start. Es ist ein klares Indiz kommerzieller Veranstaltungen, denn die Masse macht’s. <\/p>\n

Und der Hauptsponsor.<\/p>\n

Der macht nichts, aber er zahlt. F\u00fcr Absperrungen, Feuerwehr. Diverse Genehmigungen, mit und ohne Entscheidungshilfen (andernorts Fakelaki genannt, oder vulg\u00e4r Bestechungsgelder. Aber bleiben wir beim Sport). Er finanziert die kleinen Aufmerksamkeiten f\u00fcr Helfer. Verpflegung vor, w\u00e4hrend und nach dem Lauf. Zeitmessung. <\/p>\n

Und die L\u00e4ufergeschenke, sonst l\u00e4uft ja keiner mit. <\/p>\n

B\u00f6ser Kommerz. <\/p>\n

Zur Abwechslung mal ohne Ironie: ich finde es vollkommen in Ordnung, wenn ein Lauf erfolgreich ist, und der Veranstalter sich Unterst\u00fctzung holt, um dem gr\u00f6\u00dfer gewordenen Teilnehmerfeld eine saubere Organisation zu bieten. Auch gegen einen kommerziellen Veranstalter ist nichts einzuwenden, wenn er seinen Job anst\u00e4ndig macht. Die Grenze – seit einem gewissen Politikskandal scheue ich mich, das Wort „Rubikon“ zu benutzen – \u00fcberschreitet ein Lauf, wenn der Sport(ler) leidet. <\/p>\n

Kalte Dusche im Ziel spart Kosten. <\/p>\n

Lust auf einen 24-Stundenlauf mit Einheitsverpflegung? Sagen wir, einen Tag lang nur Gel essen? Ultramarathonis sind ja mental stark genug, die vertragen das. Und Magenprobleme kriegen sie sowieso. <\/p>\n

Neulich tr\u00e4umte mir vom Deutsche Bank Sommermarathon im Juli. Eine herrliche Strecke entlang der Ard\u00e8che in S\u00fcdfrankreich. Blauer Himmel. Drei\u00dfig Grad. Weil der Hauptsponsor eine Bank ist, muss schreibt das Reglement das Tragen eines dunklen Anzugs vor. Gelockerte Krawatte f\u00fchrt zur Disqualifikation. <\/p>\n

Schwei\u00dfgebadet wachte ich auf. Ich schrie. Komm\u00e4\u00e4\u00e4\u00e4rz! <\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Ich liebe diese unsere heutige Steinzeit. Nein, ich bin keineswegs verr\u00fcckt geworden, nicht mehr jedenfalls, als serienm\u00e4\u00dfig in mich verbaut wurde. Auch mein Kalender geht nicht nach. Doch ich erkenne, wie wir ein seit Jahrtausenden bew\u00e4hrtes Werkzeug noch immer frohgemut einsetzen: Die Keule. Egal wor\u00fcber geredet wird, eine passende argumentative Keule ist zur Hand. Die … \u201eKomm\u00e4\u00e4rz!\u201c<\/span> weiterlesen<\/a><\/p>\n","protected":false},"author":22,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[1],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2187"}],"collection":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/22"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2187"}],"version-history":[{"count":3,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2187\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2190,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2187\/revisions\/2190"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2187"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=2187"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2187"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}