{"id":2117,"date":"2014-03-01T10:43:10","date_gmt":"2014-03-01T08:43:10","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=2117"},"modified":"2014-03-01T11:37:12","modified_gmt":"2014-03-01T09:37:12","slug":"ich-laufe-lieber","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/ich-laufe-lieber\/","title":{"rendered":"Ich laufe lieber"},"content":{"rendered":"

Ich liebe Autos. Wenn es aber um freudvolles Vorankommen<\/strong> geht, laufe ich lieber. Und das hat nichts mit Spa\u00df an der Bewegung zu tun, denn den habe ich sowieso.<\/p>\n

Womit aber dann? Ich laufe einfach los, dann wird schon deutlich werden, was ich meine. <\/p>\n

Zuerst ziehe ich meine nagelneuen Laufschuhe an. Die alten waren zwar noch gut, blo\u00df darf ich seit kurzem nur dann im Ort laufen, wenn die Schuhe einen bunten Aufkleber<\/strong> tragen. Wie fr\u00fcher die Stadtmauern<\/strong> sollen n\u00e4mlich jetzt Schilder<\/strong> die St\u00e4dte sch\u00fctzen. Angeblich seien die Ausd\u00fcnstungen der Sportlerf\u00fc\u00dfe ungesund. So ganz l\u00e4sst sich das zwar nicht nachweisen, aber Hauptsache, der B\u00fcrger hat den Eindruck, die Obrigkeit <\/strong>tut etwas. Daher die neuen Schuhe. <\/p>\n

Meine \u00fcbliche Runde f\u00fchrt mich aus dem Ort hinaus auf schmale Stra\u00dfen, die inmitten der Felder verlaufen. Kaum Verkehr, asphaltiert, flach, griffig. Theoretisch ein ideales Gefilde f\u00fcr Tempotraining<\/strong>, w\u00e4ren da nicht die zur M\u00e4\u00dfigung <\/strong>mahnenden Zeichen. Schneller als 7 Minuten pro km darf ich nicht. Freilich k\u00f6nnte ich hoffen, dass ich nicht erwischt werde, oder darauf, dass mich ein Spurt \u00fcber den umgepfl\u00fcgten Acker vor einem der neulich eingef\u00fchrten Laufpolizisten<\/strong> rettet. Aber, und das ist ein gro\u00dfes aber: mit den Laufpolizisten ist auch eine Art Nummernschild Vorschrift geworten, die ein jeder L\u00e4ufling auf der Stirn tragen muss. <\/p>\n

7 Minuten pro Kilometer. Oder langsamer. Auf einer geraden, freien, unbelebten Strecke. Eigentlich kann ich fast ins Gehen fallen, die Flugphase lohnt ja kaum. Eher muss ich darauf achten, dass ich nicht einschlafe. Ich falle ins Gr\u00fcbeln \u00fcber den Sinn verordneter Lahmheit<\/strong>.<\/p>\n

Die simple Logik<\/strong> dahinter lautet: langsamer ist sicherer. Am sichersten w\u00e4re demnach der Stillstand<\/strong>. Warum ist eigentlich noch niemand darauf gekommen? Ich halte besser die Klappe. Blo\u00df keine schlafenden Hunde wecken. Immerhin: das h\u00e4lt mich wach.<\/p>\n

Mit dem Waldrand endet nicht nur der asphaltierte Teil, sondern auch das Tempolimit<\/strong>. Auf dem Schotterweg lasse kann ich es endlich krachen lassen, was ich f\u00fcr ein paar Minuten ausgiebig tue. Jawoll, so macht Laufen Spa\u00df! Kurz darauf laufe ich auf f\u00fcnf L\u00e4uflinge auf, welche wie aufgereiht hintereinander vor sich hin schlurfen. Noch eine Beschr\u00e4nkung<\/strong>? Nein, der vorderste in der Reihe tr\u00e4umt und trottet.<\/p>\n

Leider ganz links, und leider ist es h\u00f6chst illegal, einfach rechts vorbeizurennen.<\/p>\n

Was denjenigen in ein Dilemma<\/strong> bringt, der gerne schneller unterwegs sein m\u00f6chte. Rechts \u00fcberholen? Verboten, verwerflicher noch als Mord, und beinahe so schlimm wie Steuerbetrug. <\/p>\n

Wir d\u00fcrfen auch nicht auf uns aufmerksam machen, indem wir „hey, lass‘ uns vorbei“ rufen: N\u00f6tigung. Ein kurzer Pfiff als Ausdruck von „Entschuldige bitte, ich m\u00f6chte schneller laufen als du“. Ist auch nicht erlaubt, weil der Angesprochene den Pfiff als „verpiss dich auf die rechte Spur, du Penner<\/strong>“ verstehen k\u00f6nnte. Ich gebe zu, die meisten meinen genau das. <\/p>\n

Unsere einzige M\u00f6glichkeit besteht darin, den in Morpheus‘ Armen selig schlummernden Schlurfer<\/strong> durch „unvermeidbare, nat\u00fcrliche Laut\u00e4u\u00dferungen des K\u00f6rpers“ aufzuwecken. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes l\u00e4sst genau diese Ger\u00e4usche ausdr\u00fccklich zu. Also husten, niesen, r\u00fclpsen und r\u00e4uspern wir uns, was die Lungen hergeben – und das ist einiges, denn das Tempo l\u00e4sst uns wahrlich genug Luft! <\/p>\n

Nach einigen wenigen Minuten geschieht das Wunder: der Schl\u00e4fer geht nach rechts!<\/p>\n

Haben wir ihn geweckt? Nein, er will abbiegen. <\/p>\n

Ich genie\u00dfe die n\u00e4chsten paar Kilometer im Wald, komme am Abzweig eines herrlichen Single-Trails<\/strong> vorbei, den ich fr\u00fcher gerne gelaufen bin.<\/p>\n

Heute darf dort nur noch gegangen werden. „Verkehrstrennung<\/strong>“ hei\u00dft das Zauberwort. Single-Trails und Wege unter einem Meter Breite sind f\u00fcr Spazierg\u00e4nger und Wanderer, dar\u00fcber f\u00fcr L\u00e4ufer. Mountainbiker d\u00fcrfen \u00fcberhaupt nicht mehr auf normalen Waldwegen fahren, f\u00fcr sie gibt es abgesperrte Areale.<\/p>\n

Weil ich keine Lust auf Gehtempo habe, lasse ich den Trail bleiben. <\/p>\n

Kurz vor Schluss gr\u00fc\u00dft wie immer Landvogt Gessler<\/strong> an der Einm\u00fcndung.<\/p>\n

Nicht pers\u00f6nlich, sondern in Gestalt seines Hutes, der in moderner Zeit in Form eines Stoppschildes<\/strong> daherkommt. Ich bleibe brav stehen, die F\u00fc\u00dfe vorschriftsgem\u00e4\u00df parallel nebeneinander. Mein Blick geht zuerst nach links, dann nach rechts, um ich davon zu \u00fcberzeugen, dass wirklich niemand kommt. Freilich sehe ich das schon hundert Meter vorher, oder im langsamen Gehen. Wie sonst eben auch, wenn andere Vorrang haben. Manche Kreuzungen, findet die Obrigkeit offenbar, bed\u00fcrfen einer besonderen W\u00fcrdigung. Daher gibt des den modernen Gesslerhut<\/strong>. <\/p>\n

Wieder zuhause, bin ich wirklich froh, dass ich beim Laufen <\/strong>noch so viel Freiz\u00fcgigkeit <\/strong>genie\u00dfen darf. Ich darf loslaufen, wann ich will, und sogar die Strecke frei w\u00e4hlen! Autofahrern geht es in dieser Hinsicht wirklich schlecht. Sie m\u00fcssen jede Fahrt vorher genehmigen lassen:<\/p>\n

Zeitpunkt der Abfahrt, Start- und Zielort, Route, und so weiter. Meine G\u00fcte. <\/p>\n

Laufen hat die Freiheit<\/strong>, die ich meine. <\/p>\n

Deshalb laufe ich lieber. <\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Ich liebe Autos. Wenn es aber um freudvolles Vorankommen geht, laufe ich lieber. Und das hat nichts mit Spa\u00df an der Bewegung zu tun, denn den habe ich sowieso. Womit aber dann? Ich laufe einfach los, dann wird schon deutlich werden, was ich meine. Zuerst ziehe ich meine nagelneuen Laufschuhe an. Die alten waren zwar … \u201eIch laufe lieber\u201c<\/span> weiterlesen<\/a><\/p>\n","protected":false},"author":22,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[1],"tags":[6],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2117"}],"collection":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/22"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2117"}],"version-history":[{"count":10,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2117\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2241,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/2117\/revisions\/2241"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2117"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=2117"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/das-lauferei.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2117"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}