{"id":1897,"date":"2013-08-14T12:41:42","date_gmt":"2013-08-14T10:41:42","guid":{"rendered":"http:\/\/das-lauferei.de\/?p=1897"},"modified":"2013-08-14T19:11:46","modified_gmt":"2013-08-14T17:11:46","slug":"galilei-gestern","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/das-lauferei.de\/galilei-gestern\/","title":{"rendered":"Galilei, gestern."},"content":{"rendered":"

Galilei, das war der mit der Erde und der Sonne. Der herausbekommen hat, dass die Erde nicht ganz so im Zentrum des Geschehens steht, wie manche seiner Zeitgenossen das gerne gehabt h\u00e4tten. Und dann musste er es auch noch \u00f6ffentlich machen, dieser whistleblowende Wissenschaftler.
\nIhm widme ich meine gestrige Laufeinheit.<\/p>\n

Denn eigentlich wollte ich gestern \u00fcberhaupt nicht mehr laufen. Besser gesagt: ich wollte schon, doch halb hielt es mich, halb lag ich herum. Oder frei nach Karl Valentin: m\u00f6gen h\u00e4tte ich schon gewollt, aber machen habe ich nicht gekonnt.
\nM\u00fcde war’s, drinnen und drau\u00dfen. Als h\u00e4tte mir jemand den Stecker gezogen. Allein der Gedanke an das geplante Tempotr\u00e4ning h\u00e4tte meinen Pulsschlag angstvoll steigen lassen, nur: nichtmal das gelang mir.
\nStehend k.o. nennt man das wohl.<\/p>\n

R\u00fcckblickend, nach dem Lauftraining (womit ich die Spannungskurve ansatzlos ins Bodenlose st\u00fcrzen lasse, denn jetzt ist es raus: ich bin doch noch gelaufen!), fiel mir ein, dass ich tags\u00fcber kaum etwas Vern\u00fcnftiges gegessen hatte. Prima, als ob M\u00fcdigkeit alleine nicht ausreichen w\u00fcrde! Weder Kreis- noch Geradeauslauf lie\u00dfen sich in meiner N\u00e4he blicken, erst recht nicht, als es sp\u00e4t und sp\u00e4ter wurde. Anscheinend haben diese Intriganten darauf spekuliert, der Tag w\u00fcrde ohne weitere k\u00f6rperliche Ert\u00fcchtigung enden. Ein halbes St\u00fcndchen mit der Kettlebell zu mittag, soll das alles gewesen sein?<\/p>\n

Beine, schwer wie – nein, umgekehrt: Blei w\u00fcrde meine Beine als Metapher f\u00fcr sich selbst genommen haben. „Hach bin ich fertig heute, ich f\u00fchle mich schwer wie Bein“. So in etwa h\u00e4tte sich des Bleis Gejammer angeh\u00f6rt.
\nDiese Beine schleppte ich also herum, um mich zum Tr\u00e4ning fertig zu machen. Ich betone: ich<\/em> schleppte die Beine, nicht sie mich.<\/p>\n

Erschwerend (sic!) hinzu kam, dass ich mir Fahrtspiel nach Pi<\/a> vorgenommen hatte. Die ersten 8 Stellen von Pi, als Minuten interpretiert, schnell gelaufen. Danach ebenso lang als aktive Erholung in langsamem Tempo.
\nIn Zahlen sind das 3 – 1 – 4 – 1 – 5 – 9 – 2 – 6 Minuten.
\nDie Koordinationsleistung aufzubringen, um mich mit dem Springseil aufzuw\u00e4rmen, schien mir illusorisch, ich entschied mich f\u00fcr das traditionell-langweilige Warmlaufen. Macht „man“ heutzutage nicht mehr, ich wei\u00df. Gestern war mir das wurscht. \u00d6de, monotone Fortbewegung war das \u00c4u\u00dferste was ich mir abverlangen konnte.<\/p>\n

Am Anfang.<\/p>\n

Zweihundert Meter sp\u00e4ter: „Hallo linkes Bein. Sch\u00f6n, dass du da bist!“<\/p>\n

F\u00fcnfzig weitere Meter: „Hey, rechtes Bein, auch dabei? Klasse!“<\/p>\n

Der erste halbe Kilometer lie\u00df mich glauben, ich k\u00f6nnte tats\u00e4chlich mit dem Tr\u00e4ning beginnen. Drei Minuten schnell. Und ich muss ja nicht alle acht Stellen „machen“. Vielleicht nur die vier ersten? Oder nur, bis die kurze f\u00fcnfkommaknapp Kilometer lange Runde vorbei ist?<\/p>\n

Also los, drei Minuten….<\/p>\n

GO!<\/p>\n

Erste Minute: …puh ist das z\u00e4h…<\/p>\n

Zweite Minute: …geht besser als gedacht…<\/p>\n

Zweieinhalb Minuten: …huch, das Tempo ist nicht \u00fcbel, deutlich unter vier Minuten je Kilometer…strengt an…und sp\u00e4ter dr\u00e4ut der lange Teil mit neun Minuten…naja, erstmal drei Min zu Ende bringen…<\/p>\n

Drei Minuten: …sehr sch\u00f6n, erstmal locker…endlich…als n\u00e4chstes zum Gl\u00fcck nur eine Minute, das geht schnell vor\u00fcber…<\/p>\n

Um es kurz zu machen: ich bin die Einheit komplett gelaufen. Zur Halbzeit gesellte sich freundlicherweise mein Kreislauf dazu, w\u00e4hrend gegen Ende der Magen die sportliche Runde mit Def\u00e4tismus erheiterte.
\nMitten in der neunmin\u00fctigen Tempoeinheit musste ich mir anh\u00f6ren, er sei leer. Wei\u00df ich doch! Beine, stets offen f\u00fcr Anregungen, nahmen das sogleich zum Anlass, ihre Kraftlosigkeit zum Ausdruck zu bringen. Auch das war mir nicht neu, der Informationsgehalt gleich Null.
\n„Ja und?“ rief ich meinem Leibe l\u00e4chelnd zu, „Ist das etwa ein Grund, auf Tempo zu verzichten? Wir laufen, so schnell wir k\u00f6nnen<\/em>!“
\nGenau das tat ich dann auch. So schnell ich konnte – in Anbetracht der Umst\u00e4nde zolle ich mir ein dickes Lob, dass die schnellen Phasen alle deutlich unter 4:30 lagen.<\/p>\n

Wieder daheim, begab ich mich unverzagt wie unverz\u00fcglich in einen Zustand fortgeschrittener Apathie. Ich inhalierte einen Berg Spaghetti. Falls heute der Nudelpreis-Index irgendeiner Warenterminb\u00f6rse explodiert, wodurch Italien seine Staatsschulden mit Teigwaren tilgen kann: Leute, ich hatte Hunger. In meinem gestrigen Zustand war mir die Weltwirtschaft herzlich egal.<\/p>\n

Lieber Galileo Galilei, Ehre sei dir. H\u00e4ttest du mich gestern gesehen, du w\u00fcrdest ausgerufen haben: „Und er bewegt sich doch!“<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Galilei, das war der mit der Erde und der Sonne. Der herausbekommen hat, dass die Erde nicht so ganz im Zentrum des Geschehens steht, wie manche seiner Zeitgenossen das gerne gehabt h\u00e4tten. Und dann muss er es auch noch \u00f6ffentlich machen, dieser whistleblowende Wissenschaftler.
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