Der unbebildete Blog

Manchmal fragt man mich, wieso es auf meinem Blog kaum Fotos gibt. Die kurze Antwort auf diese Frage lautet einfach: Weil ich keinen Bock habe. Es geht aber auch länger, und dazu lade ich euch ein, mich bei einem fiktiven Fotolauf zu begleiten. Nehmen wir also an, ich würde Fotos machen wollen. Auf geht's zum "Bildersturm"!
Es sei ein wunderbarer Tag für ein Läufchen. Die Luft mit etwa zehn Grad über Null ist angenehm frisch, der Himmel zeigt sich im freundlichen Grau und überhaupt: Ich habe Lust auf Bewegung in der Natur. Flugs ziehe ich mir die Laufklamotten an und habe die Hand schon am Türgriff, als mir einfällt, dass ich für den zu schreibenden Artikel zur Abwechslung ein paar Fotos machen könnte.
Also muss das Handy mit.
Das wiederum erfordert ein hierfür Transportbehältnis, weil ich zwar Schlüssel, Handschuhe (die ich heute nicht brauche, aber so ganz allgemein gesprochen) oder das für den drängenden Besuch eines Gebüschs nötige Päckchen Papiertaschentücher in der Hand herumtrage, mit dem Handy als zusätzliches Gepäck wird mir das allerdings zuviel. Mithin greife ich zur Bauchtasche, die das per Gefrierbeutel wasserfest verhüllte digitale Universalgerät aufnehmen muss. Einfrieren will ich das Ding zwar nicht, aber schließlich könnte es regnen - und ich eventuell ins Schwitzen geraten, weshalb feuchtigkeitsempfindliche Elektronik geschützt untergebracht wird. Schön festschnallen, damit nichts auf- und abhüpft, und los geht's.
Schon nach wenigen Minuten erspähe ich auf einer Streuobstwiese, wie sie meinen Wohnort ebenso anschmiegsam umgürten, wie die Bauchtasche mich selbst, ein Eichhorn. Anmutig astet es von Hüpf zu Hüpf, bevor es sich, an einer Nuss knabbernd, neben den Weg hockt. Leise und vorsichtig nestele ich den Gefrierbeutel aus der Bauchtasche, anschließend das Handtelefon aus demselben, um ein pulitzerpreisverdächtiges Eichhornbild zu knipsen. Bestimmt ist vor mir noch niemand auf den Gedanken gekommen, ein Eichhörnchen zu fotografieren, um es im Internet zu veröffentlichen.
Geduldig warte ich, bis sich die Scheißkamera endlich scharf stellt und drücke auf den Auslösebutton.
Nochmal, zur Sicherheit.
Ach wie süüüüß, jetzt reibt es sich die Bäckchen sauber!
Noch ein Foto!
Ach was, gleich eine Bilderserie. Schließlich will ich der erst Mensch überhaupt sein, auf dessen Blog Fotos eines sich putzigen putzenden Eichhörnchens stehen. Man wird sich kaum satt sehen können! Als ich mich - und den Datenträger - für fotografisch genauso wohlgenährt erachte, wie das Tierchen seinen Magen, schicke ich mich zum Aufbruch an.
Weil ich das Objekt schon "im Kasten" habe, bin ich beim Einräumen bin ich weniger behutsam als vorher. Eine Rücksichtslosigkeit, die meinem Model anscheinend gegen den Strich geht, denn flugs flüchtet es. Einpacken und weiterlaufen.
Jenes Weiterlaufen ließ mich kaum zehn Minuten später an einer wunderschönen Stelle innehalten, wo sich, der Waldweg führt erhöht am Hang entlang, zwischen den Bäumen ein wunderschönes Panorama auftat. Blick aus dem Walde über das Tal auf den gegenüberliegenden Hang, würde ich später titeln können. Leider findet sich dort eines jener Picknick-Ensembles aus Tisch und zwei Bänken, die mit fröhlich picknickenden Picknickern belegt waren. Belegt waren auch ihre Brote zum Glück schon verzehrten Brote gewesen, weshalb Aufbruchsstimmung zu spüren war, die ich mit entsprechender Körpersprache ("Drohstarren") und höflichem Fragen ("Sie sind schon am Gehen, gell?!") verstärkte. Für ein hübsches Motiv wartete ich doch gerne ein paar Minuten, bis die Gruppe verschwunden war. Weitere Geduld war wegen der Spaziergänger, die auf der anderen Talseite unterwegs waren, nötig.
Jetzt aber!
Handtelefon auspacken, auf's Scharfstellen warten, Knipsen, fertig!
In Anbetracht der längeren Unterbrechung erwog ich vor ein kurzes Aufwärmprogramm, entschied mich letztlich doch dagegen. Gemütliches Angehen sollte ausreichen, um alsbald wieder in lockeren Trab zu fallen. Allzu lange brauchte ich ohnedies nicht warten, denn der sich im Walde dahinschlängelnde Bach bot ein gar zu verlockendes Fotomotiv. Bäume, Halbschatten, bemooste Steine und eben jener Bach - das kann "man" nicht links liegen lassen! Um dies zu tun, hätte ich übrigens die Richtung wechseln müssen, befand ich mich doch links von ihm, mithin er sich an meiner rechten Seite.
Wie schön wäre es doch, wenn ich mich per Selbstauslöser beim Überspringen des Baches fotografierte? Ein Bild voller Dynamik!
Nachdem ich eine hinreichend fotogene Stelle gesucht und nach einer Weile auch gefunden hatte, stellte sich die Frage: Wohin mit dem Handtelefon? Etwas mehr Zeit verging, um eine geeignete Astgabel ausfindig zu machen, in der ich das Handtelefon vorsichtig balancierend unterbrachte.
Timer einstellen, auf die andere Seite wechseln, und....
Hat es jetzt schon gepiepst?
Nein, das Ding blinkt. Mist, das Licht steht schlecht, ich kann's nicht sehen.
Neuer Versuch.
Um es kurz zu machen: Es waren etliche Versuche nötig, bei denen ich entweder zu früh oder zu spät über den Bach setzte. Manchmal passte zwar das Timing, nicht aber die Pose. Schließlich will ich auf den Bildern halbwegs dynamisch und sportlich rüberkommen.
Endlich war es (und ich) geschafft, und ich konnte meinen Weg nach drei weiteren Überquerungen fortsetzen.
Drei?
Ja, drei. Ich war so froh gewesen, dass ich mein Handy in der Astgabel vergaß. Also nochmal rüber, selbiges wieder verpacken, zurückspringen und laufen.
Es gab dann noch ein paar Fotosessions auf dem Wege, wobei ich, wenn ich zurückdenke, kaum etwas von der Landschaft oder Details am Wegesrand mitbekommen habe. Mein Hirn war nicht darauf eingestellt, das Außenherum wahrzunehmen, sondern auf die taugliche Fotomotive. Irgendwie scheint es mir zweifelhaft, draußen unterwegs zu sein und nur an Bilder zu denken statt zu genießen: Natur, Bewegung und mich selbst.
Als ich zuhause ankam, zeigte mir ein Blick auf die Uhr die Trainingsleistung an: Rund eineinhalb Stunden für sechs Kilometer. Mein Hirn krampft beim Gedanken, ich könnte irgend etwas davon ins Trainingslog eintragen. Soll ich es mir dadurch schönreden, das ich das Bachgehüpfe als Sprungtraining verstehe? 
Nicht, dass das Thema mit dem Heimkommen erledigt wäre, schließlich wollen die Bilder auf den Computer übertragen, betrachtet, sortiert und in den Artikel eingebunden werden. Den Artikel, den es noch zu schreiben gilt, versteht sich.
Etwaige Nachbearbeitung der Fotos spare ich mir, das würde noch mehr Zeit kosten.
Verschwendete Zeit in meinen Augen.
Ich will trainieren und nicht fotografieren.
Wenn mir etwas einfällt, schreibe ich anschließend darüber. Falls jemand Lust auf schöne Naturfotos hat: Die gibt es in rauen Mengen im Internet, auch von der Gegend, in der ich unterwegs bin. Es ist wirklich schön hier!

2 Gedanken zu „Der unbebildete Blog“

  1. Hey, du da,

    ach ja, das Thema hatten wir ja schon mal im Visier, und nun von deiner Seite sehr ausführlich !

    Geschmunzelt habe ich schon, als ich von deinen ” Schwierigkeiten ” las, die beim Transport und oder beim Fotografieren entstehen. Das sehe ich allerdings ganz anders, viel unkomplizierter: habe ein Smartphone mit einer ausgezeichneten Kamera, so dass ich nicht lange fummeln muss, um irgendeine Schärfe oder sonstwas einzustellen. Auch der Transport in einem körpernahen Gurt – im übrigen sehr empfehlenswert !! – macht mir null Probleme, spüre ich gar nicht.

    Auch nachbearbeiten muss ich die Fotos nicht, alle, die ich von unterwegs mit nach Hause bringe, werde so auf meinem Blog veröffentlicht, wie ich sie aufgenommen habe.

    ICH LIEBE ES – die Natur zu beobachten, auch mal stehen zu bleiben, zu fotografieren, zu genießen.

    Und eines unterscheidet uns wohl auch, ich will laufen, nur laufen, mal mehr, mal weniger, just nach Gusto, ohne irgendwelchen Zeit- oder Trainingsdruck – und dazu passt das Fotografieren hervorragend – YES !!

    So hat jeder seine Präferenzen, aber keine Sorge, mit viel Fantasie und deinen sprachlichen Fertigkeiten gelingt es jedem Leser, sich das eine oder andere auch OHNE Fotos bildlich vorzustellen.

    In diesem Sinne – heute 16 Kilometer im strömenden Regen gelaufen – habe ein einziges Foto geschossen – und das kann man in meinem Regen-Post lesen ! Also, wenn du Lust hast, noch einmal vorbeizuschauen, ich würde mich sehr freuen !

    Hasta la vista, Haraldo

    1. Tja nu, an der Fotofrage kann man uns deutlich unterscheiden. 😉
      Ich bin normalerweise ohne Handtelefon unterwegs, da fängt es schon mal an. Nachbearbeiten brauchte ich die Bilder die wenigen Male nicht, übertragen muss ich sie halt schon. Alleine das bindet meine Aufmerksamkeit. Ein Lauf, bei welchem mich eine Digitalkamera begleitete, ist mir noch in Erinnerung: Vor lauter Fokus auf tolle Fotomotive habe ich die wunderschöne Landschaft (wenn du den Défi des Vosges um Niederbronn herum kennst, weißt du welche ich meine) habe ich die nur durch und für das Objektiv wahrgenommen, also viel zu wenig.

      Schreiben fällt mir deutlich leichter und es macht mir viiiiiieeeel Freude.

      Deinen Blog habe ich schon besucht. 😉

      Ciaoooooo,
      Harald

Kommentare sind geschlossen.